Es
war wohl auch eine Reaktion auf den vorangegangen 30
jährigen Krieg, der überall das Wirtschaftsleben zum
Erliegen gebracht hatte. Jedenfalls sah sich Warendorfer
Rat veranlasst, einen freien und für jedermann
zugänglichen Viehmarkt ins Leben zu rufen. Die
Genehmigung hierzu erhielt die Stadt Warendorf dann am
3. Februar 1657 durch den Fürstbischof Christoph
Bernhard von Münster zu Coesfeld. Seit dieser Zeit
findet in Warendorf jeweils am vorletzten Mittwoch im
Oktober ein großer Markt statt, auf dem zunächst nur
Vieh und Güter des landwirtschaftlichen Bedarfs
gehandelt wurden.
Die heute gebräuchliche Bezeichnung "Fettmarkt" wurde
erstmals im Jahre 1824 benutzt und ist auf den
Bürgermeister Schnösenberg zurückzuführen. Dieser
veranlasste auch die Verlagerung eines Teils (Verkauf
von Kappes) vom Marktplatz in der Mitte der Stadt
auf den heutigen Wilhelmsplatzes.
In dieser Zeit begann man auch neben Vieh alle möglichen Güter der Produktion und des Bedarfs der Landwirtschaft zu handeln, der Fettmarkt nahm allmählich den Charakter eines überregionalen Marktes für Güter aller Art an. Kaufleute aus der weiteren Region begannen, den Markt zu beschicken. Naturgemäß fand dieses nicht die Zustimmung der Warendorfer Handwerker und Kaufleute, die versuchten, mit verschiedenen einschränkenden Vorschriften und Gebühren ihre Interessen zu schützen. So durften auswärtige Schmiede, für die der landwirtschaftliche Markt ein gutes Geschäft darstellte, sowie Goldschmiede und Zinngießer nur noch einen halben Tag ihre Dienste auf dem Markt feilbieten.
Bis
in die Mitte des 20. Jahrhunderts war der Fettmarkt
überwiegend durch den Handel mit landwirtschaftlichen
Produkten sowie "fettem Vieh" bestimmt. Große Teile der
Altstadt wurden in das Marktgeschehen einbezogen. Eine
Kirmes und einen Trödelmarkt sorgten für Abwechslung und
Unterhaltung nach erfolgreichen Geschäften.
Etwa seit den 60/70er Jahren des 20. Jahrhunderts hat
sich der Schwerpunkt des Fettmarktes allmählich mehr und
mehr verschoben: Großvieh wird immer weniger gehandelt,
dafür findet man aber landwirtschaftliche Maschinen, ein
Reitturnier auf dem Lohwall ist eine weitere
Attraktion.. Besonderer Anziehungspunkt des Fettmarkt
ist aber ein großer Altstadttrödel, auf dem jeder Dinge
verkaufen und kaufen kann. Mahr als 100 000 Besucher
werden jedes Jahr hierzu erwartet, und echte
Fettmarktkenner stehen an diesem Tag sehr früh
auf. Schon vor 6 Uhr in der Früh suchen sie mit
Taschenlampen bewaffnet nach Raritäten und schönen
Dingen, die das Herz erfreuen: Zukaufen gibt es fast
alles, die Preise sind fast immer günstig, man muß nur
der erste sein....
Bilder: Archiv der Altstadtfreunde Warendorf und Archiv
Haunhorst
Quelle: Geschichte der Stadt Warendorf; Johannes Nowak:
"Feste, Feiern, Märkte",
S. 317 ff, Ardey Verlag, Münster, 2000
Fettmarkt,
das war ein Höhepunkt in unserem Kinderleben.
Ich bin am Münsterwall aufgewachsen und erlebte
den Trubel aus nächster Nähe. Auf dem
Wilhelmsplatz fanden der Viehmarkt und die
Kirmes statt, die
Münsterstraße war auf beiden Seiten mit den
Ständen der Händler belegt und auf dem
Marktplatz boten die Bauern Kartoffeln, Kappes
und vieles mehr an. Direkt vor unserem Haus
baute der Lebkuchenbäcker Dammann aus
Harsewinkel seine große Bude auf. Er bekam von
uns Strom für die Beleuchtung des Standes. Dafür
gab es für uns Kinder am Abend eine große Tüte
Pfeffernüsse, die Spezialität des Hauses.
Ich
erinnere mich noch heute an den köstlichen
heißen Berliner, den Frau Werner meiner
Schwester Maria und mir einmal schenkte. Sie
hatte vor ihrem Haus an der Münsterstraße einen
Stand aufgebaut und verkaufte Berliner für ihren
Sohn, der eine Bäckerei in der Brünebrede hatte.
Manchmal verkaufte der Sohn auch selber.Der
Böttcher und Küfer Berger von der Molkenstraße
bot seine Holzerzeugnisse an: Holzfässer für
Sauerkraut, Butterfässer, Waschfässer und Wannen
jeder Größe und alle Holzgeräte für Haus und
Hof. Daneben stand in jedem Jahr der Wagenbauer
Schwarte von der Brünebrede. Hier suchte man
sich die neue Kutsche, den zweirädrigen Gig oder
den neuen Bollerwagen aus.
Das alles registrierten wir nur im Vorbeigehen.
Unser wichtigstes Ziel war die Kirmes. Von
unseren Eltern hatten wir 50 Pfennig Kirmesgeld
bekommen und unser Besuch bei Onkel Bernhard
hatte uns noch einmal 50 Pfennig eingebracht.
Eine ganze Mark – jetzt träumten wir von 10 mal
Kettenkarussell fahren. Zuerst kamen wir an dem
herrlich bunt bemalten Kinderkarussell vorbei,
die kleinen Sitzbänkchen waren mit vielen
Spiegeln zauberhaft verziert. Auf den
Holzpferdchen ritten stolz die Kleinen ihre
Runden. Opa fuhr zur Sicherheit mit und stützte
den Rücken.
Schwerarbeit musste das Pferd leisten, das
den ganzen Tag um die Mittelachse des
Kinderkarussells trottete und es so zum Drehen
brachte. Nur beim Ein- und Aussteigen der
kleinen Gäste hatte das Tier eine kurze
Verschnaufpause. Erst Ende der Zwanziger Jahre
gab es elektrischen Antrieb für die Karussells.
Unser erstes Ziel war die „Kaffeemühle“. In
einer Trommel, etwa einen halben Meter hoch,
saßen zwei Kinder auf dem Rand und drehten im
Uhrzeigersinn das kleine Rad in der Mitte. Die
Trommel drehte sich in Gegenrichtung. Mit dem
Rad konnte man das Tempo bestimmen. Je
schneller, um so schöner! Später gab es den
„Teller“ auch die „Scheibe“ genannt. Das war ein
besonderes Gaudi und für junge Leute eine Art
Sport. In einem großen Zelt stand eine drehbare
Scheibe mit einem Durchmesser von 7-8 Metern.
Die Mitte war etwas erhöht. Rund um die Scheibe
herum war ein gepolsterter, ca. 50 cm hoher Rand
angebracht. Beim Startpfiff kletterten die
Jugendlichen über diesen Rand und suchten sich
einen Platz möglichst weit in der Mitte. Unter
lauter Musikbegleitung begann sich die Scheibe
zu drehen. Erst langsam, dann immer schneller.
Die außen Sitzenden wurden schnell an den Rand
geschleudert. Das Gejuchze wurde immer lauter,
die Platte drehte sich schneller und leerte sich
schneller. Erst wenn der Letzte aufgeben musste,
war das Spiel zu Ende und der Sieger wurde
lautstark gefeiert. Eine spannende Attraktion!
Dann gingen wir zur Schiffschaukel! Am
schnellsten brachte man die Schaukel zu Zweit in
Schwung. Wir schaukelten so lange, bis sie fast
waagerecht stand. Unsere Mutter sagte uns immer,
das sei ein Sport für Jungen! Ich glaube, sie
wollte nicht gern, dass unsere Röcke so flogen.
Hosen gab es damals für Mädchen noch gar nicht.
Und dann der Höhepunkt: Das Kettenkarussell! Wie
herrlich war es, fest in dem Kettensitz sitzend,
durch die Luft zu fliegen. Wir überblickten den
Kirmesplatz, konnten unser Haus und die
Marienkirche sehen - uns lag ganz Warendorf zu
Füßen. Darauf hatten wir uns so lange gefreut
und zahlten gern noch einmal 10 Pfennig für
dieses Vergnügen.
Eine unserer Freundinnen sagte einmal: „Ach wäre
ich doch ein Kettenkarussellkind, dann könnte
ich immerzu mit dem Kettenkarussell durch die
Luft fliegen.“ In der Schule hielt sie dann
Ausschau nach den „Kirmeskindern“, die während
ihres Aufenthaltes in Warendorf unsere Schule
besuchten. Vielleicht war ja ein
Kettenkarussellkind dabei!
Schade, bald war unser Kirmesgeld zu Ende. Also
gingen wir auf den eigentlichen „Fettmarkt“.
Hier verkauften die Bauern ihre fetten Tiere. In
Gehegen und Käfigen sahen wir eine reiche
Auswahl von Schweinen, Schafen, Hühnern und
Kaninchen. An Eisenstangen waren Pferde, Kühe,
Kälber und Ziegen angebunden. Es wurde gehandelt
und gefeilscht und jeder Kauf mit einem Schnaps
begossen. Zur Stärkung gab es zwischendurch eine
deftige Portion Töttchen mit einem Brötchen.
Mutter Hagemeyer hatte vor der Metzgerei am
Wilhelmsplatz einen Töttchen- und
Knackwurststand aufgebaut.
Für den Erlös des verkauften Viehs deckten sich
die Bauern sofort mit dem notwendigen Bedarf an
Hausrat und Winterbekleidung ein. Im Textilhaus
Hunkemöller an der Oststraße konnte man solide
Wintersachen für die ganze Familie und auch
Betten in guter Qualität einkaufen. Besonders
beliebt war die warme Bleyle-Unterwäsche in
unverwüstlicher Qualität. Kleine Jungen
verteilten überall in der Stadt Reklamezettel
und machten darauf aufmerksam, dass von der
Stadtmitte aus kostenlose Kutschfahrten zu
Hunkemöller am Osttor angeboten wurden.
Wir schoben uns mit viel Vergnügen und Drängeln
– das machte uns besonders viel Spaß - durch die
Menge auf der Münsterstraße. An der Ecke vor
Breuers Haus stand viele Jahre lang eine ältere,
wohlbeleibte Frau mit ihrer Drehorgel unter
einem Sonnenschirm. Sie sang mit kräftiger
Stimme moderne Schlager und altbekannte
Moritaten. Für 10 Pfennig verkaufte sie den Text
ihrer Lieder, damit die begeisterten Zuhörer
mitsingen konnten, was wir auch kräftig taten.
Daneben stand ein Entfesselungskünstler mit
seinem Eisenkäfig, in dem er sich anketten und
einsperren ließ. Zum Erstaunen der Zuschauer
konnte er sich jedes Mal wieder befreien.
Zu dieser Gruppe gehörten auch zwei Ringer, die
ihre Kräfte zeigten. An vielen Ständen in der
Münsterstraße blieben wir stehen, um die
lustigen Anpreisungen der Marktschreier hören.
Unsere letzte Station war der Marktplatz. Hier
trafen wir unsere Mutter, die gerade bei ihrem
Kartoffelbauern 20 Zentner Kartoffeln für den
Winter bestellte. Ihren Bollerwagen hatte sie
schon hoch beladen mit Kappes-Köppen, die sie
von dem großen Wagen vor der Apotheke gekauft
hatte. Nun wussten wir: In den nächsten Tagen
beginnt die Sauerkrautproduktion. Die Tontöpfe
standen schon frisch gereinigt bereit, die
kleinen Leinentüchlein waren fertig
zugeschnitten. Für zwei Stunden mieteten wir
dann bei Borgmann in der Königstraße die
Sauerkrautschabe. Alle Kinder mussten beim
Hobeln helfen und beim Stampfen des Krautes im
Tontopf. „Es muss sich so viel Krautsaft bilden,
dass die obere Schicht Kraut im eigenen Saft
steht,“ schärfte uns unsere Mutter ein. War das
geschafft, deckten wir alles mit dem
Leinentüchlein ab und beschwerten die Krautmasse
mit einem blitzblanken Marmorstein. Nach drei
Wochen konnten wir das erste Sauerkraut essen.
Das waren bei uns die Nachwirkungen vom
Fettmarkt.
Bilder: Archiv der Altstadtfreunde Warendorf und
Archiv Haunhorst
Die Autorin Eugenie Haunhorst geb. Göcke
wurde 1912 in Warendorf geboren und wuchs in
einer Lehrerfamilie mit vier Geschwistern auf.
Im Alter von 90 Jahren begann sie, Erinnerungen
aus ihrem Leben im Warendorf der 1920er Jahre
aufzuschreiben. Sie starb 2016 im Alter von 103
Jahren.
alle Rechte vorbehalten: Eugenie Haunhorst 2006
To
den lesten Krinknommdag int Malteser Marienheim konn de
Baas, Franz Schulze Nahrup, vierle Lüe begrüßen. An de
brunen Blessen konn man sein, dat ne Masse Sunne noug
den lesten Summer kriegen harrn. Met dat Leed „Freit ju
ant Liäben“ steg mann int Programm. Josef Bussmann wuss
wat üöwe Fettmarkt fröher un von dage. Bie Heinz
Beckhove gong de Jagd aoll los. Daobie mot man uppassen,
dat nicht te deipe schuoten wäd,
un den anneren Schützen de Kügelkes üm de Ohren
fleigt.“ In Mönster stonn Jans an den Pengelanton“ kam
von Roswitha Wienstroer. Auk Gerda De Byl harr sick de
Vetellsels „Jöppken weht Bescheid“ un „Terro kam es nen
lük läter“ trechte legget. „ Dat leckere Wuorstebraut“
un „ Dat goldene Paar bie Petrus“ kam von Ernst Ruhe.
Daonao wuor wiee derbe sungen,bie dat Leed „Luster well
kümp dao harin“, well dat de Lüe de ganze Tiet tohöen
mossen.
Dann kam de graute Uptritt von
Heinrich Hellmann. He vetellsere üöwe sine
Studententiet, dat he iärst Pastor wäen sollere, well
dat he so gurt küen konn. He is owe dann bie Tiets es
Lehrer in de Schoole gohn. Drei Leeder ut Augustin
Wibbels Tiet droug he dann vüör. Met sine
Trecksackbegleitung kam dat gurt an bie de Besökers. Nen
derben Applaus kreg he daofüör. Wiede gongt met dat Leed
„Moderspraoke wat klings du söt“ von Natz Thier.
Riemsels un Vetellsels gawt dann üöwe Hiäwst ,
Diärschken un Katuffel söken. Dat deien fröher oft de
Kinner und kregen daofüör Schollfrie, well dat et
daomols noa kinne Volliärnter gaw. Wiede gaw Vetellsels
un riemsels üöwe Fettmarkt. An de Frieerie nao de
Fettmarktkiärmes konnen sick vierle Besökers erinnern,
well dat fröher üöweall nao Danz in de Wiärtshüser wüör.
So gong nen lustigen Nommdag up sein Enne to un man
freiht sick aoll up den Jagdnommdag an‘t 13. November
wiee 15.00 in‘t Malteser Marieheim.
Aus Anlass des Denkmaltages am 8. 9. 2024:
Motto: "Wahrzeichen - Zeitzeugen der Geschichte"
Der Warendorfer Bürger-Schützenhof – eine
Erfolgsgeschichte mit traurigem Ende
Der erste große Stadtbrand von Warendorf aus dem Jahre 1404
Das Portrait: Joos Brandkamp, Kirchen- und Kunstmaler
(1905 - 1983)
von Mechtild Wolf
100 Jahre Frauenwahlrecht - Erinnerungen an Clara
Schmidt in Warendorf und die Frauenbewegung
Clara Schmidt und die Frauenliste
Fakten und Historie
Verleihung des Heimatpreises der Stadt Warendorf an den Heimatverein Warendorf
Dankesworte des Heimatvereins zur Verleihung des Heimatpreises 2023
Gurt vettig Lüe bin Krinknommdag
Das Gadem am Zuckertimpen 4 – ein „Kleine-Leute-Haus“ ein Leitfaden, nicht nur für Kinder
Waffelnbacken im Gadem
Westfälisch Platt:
von Franz Schulte Nahrup
Friedhofsrundgang des Heimatvereins mit Mechtild Wolff
Klönsonntag mit Mechtild Wolff
Zum Tag des offenen Denkmals:
Die Gesellschaft Harmonie in Warendorf
Heimatfest Mariä Himmelfahrt
Erlebte Geschichte: Mariä Himmelfahrt in den 1920er
Jahren von Eugenie Haunhorst
Unser engagiertes Ehrenmitglied Kurt Heinermann verstarb
im Alter von 91 Jahren
Anni Cohen und ihre Familie - von Warendorf nach Südafrika und Palästina
von Mechtild Wolff
Eduard Elsberg erbaute das erste große Kaufhaus in Warendorf
von Mechtild Wolff
Der
Elsbergplatz
von Dr. Bernward Fahlbusch
Das Fahrrad, ein wertvoller Besitz
von Eugenie Hauenhorst
Traditionelles Struwenessen an Karfreitag im Gadem am Zuckertimpen
Filmvorführung des Heimatvereins: "Als Warendorf sich wieder machte..."
Neujahrsgruß des Heimatvereins
Warendorfer Schriften Band 51/52 neu erschienen
Aus der Warendorfer Eisenbahngeschichte:
Der "Neue Bahnhof" in Warendorf von Mechtild Wolff
Aus der Warendorfer Eisenbahngeschichte:
Der "Alte Bahnhof" in Warendorf
Der Warendorfer Friedhof - Spiegel der Stadtgeschichte
Gebr. Hagedorn und Co, eine Landmaschinenfabrik mit Eisengießerei
Das Dezentrale
Stadtmuseum
ist in der Regel an Sonntagen von 15:00 - 17:00 Uhr geöffnet. Dazu
gehören das Rathaus, das Bürgerhaus Klosterstraße 7 mit den
handgedruckten Bildtapeten und das Gadem am Zuckertimpen 4
Der Eintritt ist frei.