1930 Textilkaufhaus Eduard Elsberg Münsterstraße 1
Helene Cohen |
Im Kaufhaus Elsberg wurden die Kunden immer gut beraten und
zuvorkommend bedient, denn die rechte Hand des Junggesellen Eduard
Elsberg war seine liebenswürdige Schwester Helene Cohen.
Eduard
Elsberg (1875-1942) war der Sohn des jüdischen Kaufmanns Leeser Elsberg,
der schon seit 1873 an der Freckenhorster Straße 22 ein Textilkaufhaus
betrieben hatte. Nach Leesers Tod 1921 führte Eduard Elsberg das
Geschäft weiter, bis er 1928 sein großes, modernes Kaufhaus eröffnete.
Er wohnte allerdings weiterhin in seinem Elternhaus. Eduard Elsberg war
ein in Warendorf sehr geachteter Kaufmann und fühlte sich für seine
Mitbürger mitverantwortlich.
Münsterstraße 1930
Annonce im Neuen Emsboten, 1933
Er war das reichste Mitglied der
Synagogengemeinde und tat nicht nur in seiner jüdischen Gemeinde viel
Gutes. Auch bei den katholischen Familien half er, wo er konnte, denn
die Armut war groß in diesen Jahren. So spendete er jedes Jahr zum
„Weißen Sonntag“ Kommunionkleider für bedürftige Warendorfer
Kommunionkinder. Ab 1930 war aber auch das Kaufhaus Elsberg
antisemitischer Hetze ausgesetzt. Nicht selten wurden die Werbeanzeigen
beschmiert und mit judenfeindlichen Sprüchen versehen. Noch glaubte
Elsberg nicht, dass die antisemitischen Hetzkampagnen auch in Warendorf
auf fruchtbaren Boden fallen würden. Darum beschwerte er sich bei
Bürgermeister Isphording und bat um Ermittlung der Täter, was aber
ergebnislos blieb. Bald wurde der Kaufmann Eduard Elsberg einem
unausgesprochenen Boykott ausgesetzt. Seine Kunden mussten mit
Repressalien rechnen, wenn sie in dem jüdischen Kaufhaus einkauften.
Mein Großvater Eduard Göcke wagte es auch nicht mehr, in das Geschäft
des Juden Elsberg zu gehen, denn er war Lehrer in Warendorf und stand
sowieso schon auf der schwarzen
Liste der Partei, weil er der NSDAP
nicht beitreten wollte. Aber man wusste sich zu helfen: Seine Frau
suchte im Kaufhaus Elsberg die Bekleidung für ihren Mann aus und ein
Verkäufer brachte die Auswahl nach Hause, wo sich Lehrer Göcke dann das
Passende auswählen konnte. So kam auch er weiterhin in den Genuss der
guten Waren aus dem Kaufhaus Elsberg und er konnte unauffällig den
Kaufmann Eduard Elsberg unterstützen. Die Kontrollen wurden aber immer
schärfer und ab 1933 wurden über das Manufakturwarengeschäft
Boykottmaßnahmen verhängt.
Der Geschäftsrückgang wurde so gravierend, dass Eduard Elsberg
das Geschäft mit dem Warenlager im Dezember 1936 an die Firma Potthoff &
Scholl aus Duisburg-Hamborn für 150.000,00 RM verkaufte und das Gebäude
und die Inneneinrichtung für jährlich 25.000,00 RM verpachtete. Am 7.
Januar 1937 eröffnete das Kaufhaus Potthoff & Scholl. Die
Pachtzahlungen, die eine Umsatzbeteiligung enthielten, waren dem
NS-Regime aber ein Dorn im Auge und führten zu umfangreichen
Untersuchungen und Schikanen.
Eduard Elsberg verzog am 20.3.1937 zu seiner Schwester Selma
nach Berlin Wilmersdorf. Er sagte tief enttäuscht, dass er sich als Jude
in dem kleinen Städtchen mit seinen 9000 Einwohnern nicht mehr wohl
fühle. Aber auch Berlin war kein sicherer Hort. Eduard Elsberg wurde am
2.4.1942 in das Warschauer Ghetto deportiert und von den NS Schergen
ermordet. In den Akten steht „In die deutschen Ostgebiete verzogen“. Der
Mieter Potthoff & Scholl wurde davon nicht informiert. Er wunderte sich
aber, dass er seine Miete „nicht mehr loswerden konnte“. Erst im Juni
1943 teilte ihm der Landrat mit, dass Elsbergs Vermögen jetzt dem
Deutschen Reich gehöre.
Das beeindruckende Kaufhaus gibt es noch heute. Es steht unter Denkmalschutz und prägt die Innenstadt von Warendorf. 1958 konnte die Firma Potthoff & Scholl das Kaufhaus von den Elsberg Erben kaufen und verkaufte es 1969 an die Firma Opitz. Vor 25 Jahren erwarb das Modehaus Ebbers das „Elsberghaus“ und die Familie Berger führt noch heute die Elsbergsche Tradition weiter.
Quellen:
Erzählungen aus der Familie Göcke und der Familie Cohen
Geschichte der Stadt Warendorf Band II S.237
Matthias Brömmelhaus „Nach unbekannt verzogen“
Dr. Ekkehard Gühne: Stammbaum der Familie Elsberg
Informationen über den Kauf von Rudolf Berger
Mechtild Wolff
Heinrich Blum, von allen "Mister Blum" genannt
Franz Joseph
Zumloh, der Begründer des Josephshospitals
Maria Anna
Katzenberger und Heinrich Ostermann
Hermann Josef
Brinkhaus,
Gründer der Firma Brinkhaus
Eduard
Wiemann und die Villa Sophia
Anna
Franziska Lüninghaus, Gründerin der Marienstiftung
Wilhelm
Zuhorn, Geheimer Justizrat und Geschichtsforscher
Bernard
Overberg, der Lehrer der Lehrer
Arthur
Rosenstengel, Seminarlehrer, Musikerzieher und Komponist
Pauline
Hentze, Begründerin der Höheren Töchterschule
Franz
Strumann, Pastor und Förderer der höheren Mädchenbildung
Dr. Maria
Moormann, die mutige Direktorin der Marienschule
Josef Pelster,
der Schulrat und Naturfreund
Wilhelm
Diederich, Bürgermeister von 1869-1904
Hugo
Ewringmann, Bürgermeister von 1904-1924
Theodor
Lepper, Stadtrendant und Retter in den letzten Kriegstagen
Clara Schmidt,
Kämpferin für die Frauenliste im Stadtparlament
Elisabeth
Schwerbrock, eine hochengagierte Stadtverordnete,
Eugenie
Haunhorst, die Kämpferin für ihre Heimatstadt
Paul Spiegel,
Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland
Paul
Schallück, der vergessene Nachkriegsschriftsteller
Heinrich
Friedrichs, ein Warendorfer Künstler
Theo
Sparenberg, Kinokönig und Tanz- und Anstandslehrer
Wilhelm
Veltman, Retter der historischen Altstadt
Rainer. A. Krewerth, ein schreibender Heimatfreund
Prof. Dr. Alfons
Egen
ein begnadeter Lehrer und Heimatfreund
Änneken Kuntze und ihre Schwester Lilli
Elisabeth Schwerbrock, Stadtverordnete in Warendorf
Anni Cohen und ihre Familie - von Warendorf nach Südafrika und Palästina
Eduard Elsberg erbaute das erste große Kaufhaus in Warendorf