„De
Iemse geiht dört Mönsterland
so sachte äs en Kind.
Ist wull noch wiet bis an dat Meer?
Worüm denn so geschwind!“
„Die Ems geht durchs Münsterland,
sanftmütig wie ein Kind.
Ist wohl noch weit bis an das Meer?
Warum denn so geschwind!“
„So läuft sie denn seit Jahrhunderten durch das
weite Land, die gute alte Ems. Auch an der Stadt
Warendorf fließt sie vorüber und hat immer regen
Anteil am Leben der Stadt genommen. Ja, sie
prägte unser Stadtbild.“ So schrieb Paula
Telker, Tochter des ersten Bademeisters Josef
Telker.
Die Ems bot früher den Bewohnern der Stadt
Warendorf die einzige Möglichkeit, sich an
heißen Tagen durch ein kühles Bad zu erfrischen.
Baden oder sogar schwimmen im Fluss war jedoch
sehr gefährlich, denn die Untiefen der Ems
wechselten nach jedem Hochwasser.
Auch Kahnpartien waren sehr beliebt. So
starteten 1882 einige junge Männer zu einer
Bootsfahrt von Warendorf nach Telgte. Es ging um
eine Wette. Nach 3,5 Stunden hatten sie Telgte
erreicht und die Wette gewonnen. Beim Gang durch
die Stadt erblickten sie ein Schild mit der
Aufschrift:
„Aktion Badeanstalt Telgte“ Man war begeistert
von der Idee. Was die Telgter können, müsste den
Warendorfern auch gelingen. Es wurde viel
diskutiert, dafür und dagegen. Ein ganz
Altkluger meinte:
„ Jäe, jäe! Laot dat Water ut den Buuk un den
Buuk ut dat Water“.
(Ja, ja, lass das Wasser aus dem Bauch und den
Bauch aus dem Wasser.)
Der
wohlgemeinte Rat wurde nicht befolgt. In der
Stadt wohnte der Rentner Oskar Eylardi. Er war
ein aufgeschlossener Mann und hatte für
gemeinnützige Angelegenheiten ein offenes Ohr.
Es gelang ihm eine „Warendorfer Badeanstalt AG“
zu gründen. So kam die Sache in Schwung.
Die Badeanstalt sollte in die Ems gebaut werden,
oberhalb der Stadt an der Klosterpromenade in
der Nähe des Bentheimer Turms, wo heute das
Marienheim steht. Es wurde eine Floßbadeanstalt
geplant, ein auf Tonnen schwimmender
Bretteraufbau. Die Firma Ahmerkamp wurde mit den
Bauarbeiten betraut. Am 13.Juni 1886 konnte die
Floßbadeanstalt feierlich eröffnet werden.
Trotz aller Unkenrufe hieß es nun:
Laot dat Water ut den Buuk |
Lass das Wasser aus dem Bauch |
So ging der Badebetrieb los. Josef Telker wurde erster
Bademeister und sorgte für die nötige Ordnung und das Wohl
seiner Badegäste. Seine Frau half ihm dabei. Herr Telker hatte
während seiner Militärzeit bei den 13ern in Münster seine
Schwimmmeister-Prüfung abgelegt. Vielen Warendorfern hat er die
Schwimmkünste beigebracht.
Wie sah die Badeanstalt aus?
Sie schwamm auf Tonnen, die zwischen Balken festgehalten wurden.
Das gesamte Floß war mit Ketten zu beiden Seiten am Ufer der Ems
befestigt. Das Bassin war der Mittelpunkt der Anlage und wurde
von den Ankleidezellen umgeben. Durch Holzgitter floss das
Emswasser in das Bassin. Für die Freischwimmer öffnete sich an
der Ostseite eine große Tür zur freien Ems. Rote Fähnchen am
Ufer steckten die Grenzen für die Freischwimmer ab, wenn auch
mancher Schwimmer in Versuchung kam, etwas weiter um die Ecke zu
schwimmen.
Es gab neben dem großen Schwimmbecken noch einzelne kleine
Badekabinen. Sie lagen am Ende des schwankenden Holzsteges. Da
ein Badezimmer in der Wohnung noch eine große Seltenheit war,
erfreuten sich die Badekabinen großer Beliebtheit. Meine Mutter
hat mich als kleines Mädchen oft mitgenommen in dieses
Reinigungs- und Erfrischungsbad. Der kleine Raum hatte bis zur
Hälfte einen Bretterboden mit einer Sitzbank, auf der man auch
die Kleider ablegte. Über eine steile Leiter stieg man in das
Emswasser und stand auf einem Holzboden. Frisches Wasser floss
ständig durch die Holzlatten. Beim ersten Mal rutschte ich auf
dem glatten Holz aus und lernte das Wasser von unten kennen.
Mutter zog mich schnell hoch. Der Schrecken war groß, konnte
aber meine Freude am Plantschen im Wasser nicht trüben.
Vergessen habe ich diesen Schreck nie.
Die Badezeiten waren streng geregelt. Herren- und Damenbaden
wechselten sich ab.
Die Badefreudigkeit der Jugend war besonders groß. Die Mädchen
durften von 2 bis 4 Uhr baden, von 4 bis 6 Uhr waren die Jungen
an der Reihe. Schon lange vor 2 Uhr standen wir Mädchen vor dem
verschlossenen Badeanstaltstor in der Promenade, bis der
Bademeister mit dem Schlüssel kam. Wenn Vater Telker oder auch
seine Frau in Sicht waren, teilte sich die Mädchenschar und
bildete eine Gasse. Frau Telker war immer dunkel gekleidet, trug
einen langen Rock und mit einer Schürze. In unseren Augen war
sie eine sehr alte Frau. Am Arm hatte sie ein Körbchen mit der
Kaffee-Mahlzeit.
Wie der Sturmwind sausten wir in die Umkleidekabinen und dann
ins Wasser. Wir wollten keine Minute vergeuden. Zwei Stunden
vergingen schnell.
Die
meisten Kinder lernten Schwimmen ohne offizielle Anleitung. Es
gehörte einfach dazu wie das Radfahren. Unserem Vater - er war
Lehrer an der Münsterwallschule - war es aber eine wichtige
Aufgabe, den Schülern im dritten und vierten Schuljahr das
Schwimmen beizubringen. Die Warendorfer Kinder spielten nämlich
gern in der Nähe der Ems, und leider ertranken immer wieder
Kinder in dem tückischen Fluss. Die wechselnden Tiefen der Ems
waren eine große Gefahr für die Nichtschwimmer.
Im Sommer wurde die Sportstunde ins Freibad verlegt. Vater trug
dann einen ganz modernen Badeanzug aus schwarzer Wolle, ähnlich
wie ihn die Damen trugen, nur ein Träger wurde über die Schulter
gelegt, der andere fiel locker herunter. So war es schick in den
Zwanziger Jahren.
Der Aufbau der Floßbadeanstalt im Frühjahr und der Abbau im
Herbst verursachten jedes Jahr große Kosten. Nach 40jährigem
Betrieb der Floßbadeanstalt suchte man eine nicht so aufwändige
Lösung.
Die neue Flussbadeanstalt
Am 14. April 1926 wurde die neue Flussbadeanstalt eröffnet.
Bademeister Telker und seine Frau feierten gleichzeitig ihr
40-jähriges Dienstjubiläum. Ihnen war es zu verdanken, dass in
all den Jahren kein Unglücksfall in der Emsbadeanstalt
vorgekommen
war.
In der neuen Badeanstalt waren die Ankleidezellen nun um eine
Liege- und Spielwiese herum gebaut. Das Bassin wurde in das Ufer
gemauert, nur die Emsseite hatte ein Holzgitter zum Einlass des
Wassers. Mit einem dicken Seil war das Becken für Nichtschwimmer
und Schwimmer geteilt, der Zementboden war entsprechend schräg
gebaut. Neben dem Becken führte eine Treppe in die freie
Ems. Man musste einen Freischwimmschein vorweisen können, um in
der „ freien Ems“ schwimmen zu dürfen. Die Freischwimmer durften
auch die Sprungbretter benutzen und einen „ Köpper“ vom
Ein-Meter-, Zwei-Meter- oder Drei-Meter-Brett machen. Mitten in
der freien Ems lag ein langer, glatter Baumstamm verankert. Mit
all diesen Möglichkeiten war das Baden ein großes Vergnügen für
Jung und Alt.
Eine Neuerung sorgt für Unruhe in der
Bevölkerung: Unsere Badeanstalt wurde zum
Familienbad. Das Baden nach Geschlechtern
getrennt hatte ein Ende. Jetzt konnten endlich
die Familien gemeinsam zum Schwimmen gehen. An
heißen Sommertagen gab es so
viele
Badefreunde, dass auf der Liegewiese kaum ein
freier Platz zu finden war. Sorgen machte die
zunehmende Verschmutzung des Emswassers. In
früheren Jahren konnten wir den Stein, nach dem
wir tauchen wollten, auf dem Grund der Ems
liegen sehen.
Bis 1933 sorgte das Ehepaar Telker für Ordnung
in der Flussbadeanstalt, wegen des großen
Andrangs mit Hilfe von Tom Schmillenkamp, der
nach dem Tod von Josef Telker neuer Bademeister
wurde.
In der Kriegs- und Nachkriegszeit wurde unser
Freibad unter wechselnder Leitung geführt. Viele
Warendorfer erinnern sich lebhaft an die
Bademeister Bernhard Kieskemper, Lörchen und
Otto Kamphans. Über 70 Jahre lang hat die
Flussbadeanstalt vor allem der Warendorfer
Jugend in den Sommermonaten viel Freizeitspaß
gebracht. Die Ems lieferte unermüdlich und
kostenlos frisches Wasser.
1956 war dann das Baden im Flusswasser nicht
mehr zeitgemäß und die Flussbadeanstalt wurde
geschlossen. Die Stadt Warendorf errichtete 1959
auf der anderen Emsseite ein
modernes Freibad.
Den Mitgliedern der „Warendorfer
Badeanstalt-Aktien-Gesellschaft“ ist es zu
verdanken, dass Warendorf schon frühzeitig einen
geregelten Badebetrieb hatte. Seit 1919 war
Hermann Josef Brinkhaus ihr rühriger,
langjähriger Vorsitzender.
Erst
1936 übernahm die Stadt die Warendorfer
Badeanstalt AG.
Die Warendorfer Bürger haben diesem tatkräftigen
Vorstand auch die Einrichtung einer
Warmwasser-Badeanstalt zu verdanken. Es gab
damals in den Häusern nur wenige Badezimmer,
darum war es wichtig, auch im Winter öffentliche
Bademöglichkeiten anzubieten.
1909 wurde an das Wohnhaus der Familie Telker im
Zuckertimpen 14 eine kleine Warmwasser -
Badeanstalt angebaut. Die Anlage bot vier
Wannenbäder und sechs Duschen an. Sie war
ganzjährig geöffnet, außer im Hochsommer.
Mein Vater nahm oft ein Wannenbad, wir Kinder
begnügten uns mit der Dusche, das war billiger.
Im Herbst 1936 wurde diese Einrichtung
geschlossen. Die Stadt verlegte die
Warmwasser-Badeanstalt in die Volksschule an der
Klosterstraße. Bis in die 50er-Jahre wurde diese
Einrichtung rege genutzt, gemeinsam mit der
Jugendherberge, die auch im Keller der Schule
untergebracht war.
Die Autorin Eugenie Haunhorst geb. Göcke
wurde 1912 in Warendorf geboren und wuchs in
einer Lehrerfamilie mit vier Geschwistern auf.
Im Alter von 90 Jahren begann sie, Erinnerungen
aus ihrem Leben im Warendorf der 1920er Jahre
aufzuschreiben. Sie starb 2016 im Alter von 103
Jahren.
Bilder: Archiv der Altstadtfreunde Warendorf
Wie
stolz waren wir, als wir vor 50 Jahren unseren ersten
Kühlschrank bekamen. Erfindergeist und die Elektrifizierung
hatten den Schritt vom Eisschrank zum Kühlschrank gemacht. Der
Eisschrank war etwa ab 1900 eine nützliche Einrichtung für
Hotels und Großbetriebe.
Diese
Kühlmöglichkeit wurde durch Eis, natürliches und später
künstliches, möglich gemacht. Auch in einigen Privathaushalten
gab es diese recht unförmigen Eisschränke, die sehr teuer waren.
Der Nutzraum war klein, denn dieser Schrank wurde mit Eis
gefüllt.
Aber woher kam das Eis? In Warendorf war das Wasser der Ems hier
sehr nützlich. Ich gehe mit meiner Erzählung zurück in die
20er-Jahre. Die Winter waren damals sehr kalt, 20 Grad unter 0
waren damals keine Seltenheit. Die Ems war wochenlang
zugefroren. 1927 und 1928 konnten wir über drei Wochen lang auf
der zugefrorenen Ems Schlittschuh laufen. Natürlich oberhalb des
Wehres, also liefen wir von der Emsbrücke bis zur Herrlichkeit
oder bis zu Bauer Sechelmann in Vohren. Unterhalb der Stadt gab
es den Emskamp, einen toten Emsarm am Münstertor, am Ende der
Fischerstraße gelegen. Ein etwa drei Meter breiter Uferweg
trennte diesen alten Emsarm von der nördlich vorbeifließenden
Ems.
Bei
jedem Hochwasser füllte sich der Emskamp bis zum Rand mit Wasser
aus der Ems. Auf diesem stehenden Gewässer bildete sich bei
Frost eine dicke Eisdecke..
Der Eiskellerbesitzer Ahlke heuerte Kötter und Landwirte an, die
sogenannten Eisbauern, die in mühevoller Arbeit dieses Eis in
seinen Eiskeller brachten. Die starken Männer sägten oder
sprengten Löcher in die Eisdecke und zogen mit Eisharken die
großen Eisstücke heraus und brachten sie oft mit schwerem Gerät
an Land.
Große Kastenwagen wurden mit dem Eis beladen. Zwei dicke,
schwere Belgier Pferde mussten harte Arbeit leisten, wenn sie
den Wagen die hartgefrorene Böschung am Emskamp hochzogen. Mit
anspornenden Zurufen und Peitschengeknall ratterte das
Pferdefuhrwerk dann über die Brinkstraße, den Wilhelmsplatz,
durchs Münstertor, über den Münsterwall, um die Neue Kirche
herum und durch die Hohe Straße zu Ahlkes Eiskeller an der
Kolkstiege. Diese mit Eis beladenen Wagen donnerten mehrmals am
Tage über das gefrorene Steinpflaster an unserem Haus vorbei und
erregten immer wieder das Interesse von uns Kindern. Wir liefen
hinter dem Wagen her bis zum Emskolk und beobachteten voller
Spannung, wie das Eis durch Fensterlöcher über Holzrutschen in
die Tiefe des Kellers befördert wurde. Setzte Tauwetter ein,
wurden die Fenster des Eiskellers schnell zugemauert.
Dieser Eiskeller war so kalt, dass die Eisblöcke bis zum
nächsten Winter gefroren blieben.
Bis heute ist der fensterlose Bau des Eiskellers an der
Kolkstiege zu sehen. Besonders im Sommerhalbjahr brachte die
Nutzung des Eises Arbeit und Verdienst. Im Innenhof der Firma
Ahlke an der Lüningerstraße wurde die schwere Eisentür zum
Eiskeller geöffnet und das Eis nach Bedarf herausgeholt.
Eisschränke mussten regelmäßig mit neuem Eis befüllt werden. Die
Versorgung klappte auf Bestellung. Ein starker Mann brachte den
dicken Eisblock ins Haus. Als Schutz gegen die Kälte und das
Tropfwasser hatte er über der linken Schulter einen Lederschurz.
Darauf legte er das großes Stück Eis, später eine Eisstange,
etwa 40-50 cm lang und 15 cm im Durchmesser. Sie wog bis zu 45
kg und wurde mit 2 Eisenharken hochgehievt.Hauptabnehmer waren
Restaurants, Hotels und Fleischereien, aber auch Apotheken und
Krankenhäuser. Lebensmittelvorräte und Medikamente hatten durch
die Kühlung eine wesentlich längere Haltbarkeit. Getränke, vor
allem das Bier, wurden schon damals gern gekühlt getrunken.
Diese so genannten Eiskisten baute jeder Betrieb nach Bedarf.
Gut isoliert und immer mit Eis gefüllt waren sie die Vorstufen
für die Kühlschränke. Diese Art der Kühlung war mit viel Arbeit
verbunden, aber man war froh, eine Kühlmöglichkeit zu haben.
Erst durch die Elektrifizierung im ganzen Land entwickelte die
Industrie ein breites Angebot an Kühlschränken, Kühltruhen und
großen Kühleinrichtungen.Man macht sich heute keinen Begriff
mehr von der Mühe, die es noch vor 50 Jahren kostete, die
täglichen Lebensmittel kühl und haltbar zu machen. Im Sommer
gehörte es zu den täglichen Notwendigkeiten, nach jeder Mahlzeit
die Lebensmittel in den Keller zu tragen. Im Winter stellte man
sie draußen auf die Fensterbank.
Die Autorin Eugenie Haunhorst geb. Göcke
wurde 1912 in Warendorf geboren und wuchs in
einer Lehrerfamilie mit vier Geschwistern auf.
Im Alter von 90 Jahren begann sie, Erinnerungen
aus ihrem Leben im Warendorf der 1920er Jahre
aufzuschreiben. Sie starb 2016 im Alter von 103
Jahren.
Bild: Archiv der Altstadtfreunde Warendorf
alle Rechte vorbehalten: Eugenie Haunhorst 2006
Heinrich Blum (1884-1964)
Bürgermeister 1945
Aloys Zurbonsen (1884-1950) Bürgermeister
1945
Heinrich Temme (1879-1963)
Bürgermeister 1945
Theodor Lepper (1889-1979)
Bürgermeister 1945
Otto Freund (1889-1977)
Bürgermeister 1946-1948
Am 8. Mai 1945 brach mit der bedingungslosen Kapitulation das
„Dritte Reich“ zusammen. In Warendorf war die Herrschaft der
Nationalsozialisten aber schon seit Ostern beendet, die Befehlsgewalt
lag seit dem 3. April bei den Siegermächten. Warendorf gehörte zur
britischen Besatzungszone.
Obwohl die Stadt von Bombenschäden verschont geblieben war,
hatte der Krieg viel Leid über die Bevölkerung gebracht. Über 500
Warendorfer hatten ihr Leben verloren und genauso viele wurden noch
vermisst. Viele Soldaten waren noch in Kriegsgefangenschaft, die letzten
kehrten erst 1955 heim. Es herrschte Mangel an Nahrungsmitteln, an
Kleidung, an Möbeln und an Wohnraum, der mit Flüchtlingen und
Evakuierten geteilt werden musste. Auch für die Besatzungsmacht mussten
viele Häuser geräumt werden.
Direkt nach der Kapitulation sollte die politische
Verantwortung wieder auf die deutschen Bürger übertragen werden. Vorher
musste eine Entnazifizierung durchgeführt werden. Dabei überprüfte die
Militärregierung - das waren zuerst die Amerikaner, dann die Kanadier
und Engländer - die politische Vergangenheit aller Bürger, die ein
öffentliches Amt anstrebten.
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Heinrich Blum |
Schon direkt nach der Übergabe der Stadt am 3. April ernannte die Besatzungsmacht Oberstudienrat Heinrich Blum zum Bürgermeister, denn an seiner Integrität gab es keinen Zweifel. Als Englischlehrer hatte er hatte er keine Probleme mit der englischen Sprache, das war sehr hilfreich für die Verständigung mit den Amerikanern. Heinrich Blum wollte aber auf keinen Fall Bürgermeister bleiben. Auf seine Bitte hin ernannte der amerikanische Ortskommandant am 5. April den Rechtsanwalt Aloys Zurbonsen zum Warendorfer Bürgermeister. Der musste nun schnell die vielfältigsten
Probleme lösen. Am vordringlichsten war die Versorgung der Flüchtlinge, eine schier unlösbare Aufgabe, denn überall herrschte Mangel. Um Flüchtlinge und Evakuierte mit dem Notwendigsten zu versorgen, wurde von der einheimischen Bevölkerung Kleidung, Wäsche, Haushaltsgegenstände und Bettwäsche zwangsweise requiriert.Auch wenn es viele Alltagsprobleme zu lösen galt, war es
Bürgermeister Zurbonsen ein Herzensanliegen, das Heimatfest Mariä
Himmelfahrt wieder in gewohnter Tradition zu feiern. Er überzeugte die
Militärregierung, die Massenveranstaltungen lieber vermeiden wollte,
dass „der mit dem Fest Mariä Himmelfahrt verbundene Heimatgedanke und
die Pflege dieser Überlieferung gehütet werden müssen“. So konnte am 19.
August 1945 die Mariä Himmelfahrtsprozession wieder stattfinden, die
Häuser der Innenstadt waren mit den rot-weißen Kirchenfahnen und Blumen
geschmückt und in den Schaufenstern standen wieder Marienbildnisse mit
Kerzen und liebevollem Blumenschmuck. Die Aufstellung der Bögen und die
Illumination der Stadt mussten allerdings bis zum nächsten Jahr warten.
1946 wurden die Bögen dann wieder aufgestellt und nach alter Tradition
mit Kirchenfahnen geschmückt. Leider konnte Aloys Zurbonsen das Amt des
Bürgermeisters nicht lange behalten, denn er wurde zum Landrat des
Kreises Warendorf bestimmt. Unbelastete Führungskräfte wurden in allen
Ämtern gesucht.
1945 Wiedereröffnung der Volksschule an der Dammschule – heute
Overbergschule
Zum neuen Warendorfer Bürgermeister wurde nun der Sassenberger
Amts-Bürgermeister Heinrich Temme berufen. Er konnte zusammen mit
Schulrat Josef Pelster am 13. August 1945 die Öffnung der Volksschulen
bei der britischen Militärregierung durchsetzen. Die beiden Gymnasien
mussten bis zum 8. Dezember warten, denn viele Lehrer hatten noch keine
Entnazifizierung und die Schulgebäude waren noch von den Militärbehörden
beschlagnahmt. Am 1. Februar 1946 war auch Bürgermeister Temmes Amtszeit
beendet, er hatte das Pensionsalter erreicht und schied aus dem Dienst.
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Aloys Zurbonsen | Theodor Lepper | Heinrich Temme | Otto Freund |
Der
Ortskommandant übertrug nun die Amtsgeschäfte kommissarisch dem
langjährigen Warendorfer Stadtrentmeister Theodor Lepper, der schon in
den letzten Kriegstagen, als Bürgermeister Haase sich aus dem Staub
gemacht hatte, die Amtsgeschäfte übernommen und sich als sehr umsichtig
erwiesen hatte. Diese ersten Bürgermeister nach dem Krieg waren noch
hauptamtlich tätig, sie waren Leiter der Verwaltung und Repräsentanten
der Stadt. Erst ab 1946, mit der Einführung des hauptamtlichen
Stadtdirektors, übte der Bürgermeister sein Amt ehrenamtlich aus.
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Requirierung von Kleidung unter Bürgermeister Zurbonsen |
Am 29. April 1946 wurde das Beiratsmitglied Otto Freund zum
ehrenamtlichen Bürgermeister gewählt. Er war früher Stadtkassenrendant
gewesen, war aber beim NS-Regime in Ungnade gefallen. Jetzt übernahm er
neben dem Bürgermeisteramt auch die Aufgaben des noch zu wählenden
Stadtdirektors. Das nach wie vor brennendste Problem war die
Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. Es wurde ein
„Flüchtlingsbeirat“ eingerichtet, der paritätisch von Einheimischen und
Flüchtlingen besetzt war und die größte Not zu lindern versuchte.
Außerdem gab es einen „Erfassungs- und Ernährungsausschuss“, der durch
die Erfassung aller Lebensmittel beim Erzeuger und durch strikte
Ablieferungsbestimmungen eine Hungersnot verhindern sollte. All das
musste von der Verwaltung, die mit ganz geringen Finanzmitteln
ausgestattet war, organisiert und kontrolliert werden.
Trotz der schwierigen Bedingungen lag Otto Freund die
Verschönerung seiner Heimatstadt sehr am Herzen. Er setzte schon in
seiner ersten Ratssitzung den Tagesordnungspunkt „Neugründung des
Heimatvereins“ auf die Tagesordnung und schon im September 1947 gelang
die Neugründung des „Ortsheimatvereins Warendorf“. Erster Vorsitzender
wurde Bürgermeister Otto Freund selbst. Sein Ziel war es, eine
Ortssatzung zur Pflege des Stadtbildes und zum Schutz gegen
Verunstaltungen in der Stadt Warendorf zu schaffen.
Am 1. August 1946 wurde dann Dr. Paul Menne zum Stadtdirektor
gewählt. Nun endlich kehrt Ruhe und Kontinuität in der Führungsspitze
der Stadt ein, so dachten die Warendorfer. Aber weit gefehlt, im Januar
1947 wurde Stadtdirektor Dr. Menne beurlaubt und Otto Freund übernahm
erneut seine Amtsgeschäfte, bis am 1. Juli 1947 der aus Berlin kommende
Stadtdirektor Dr. Alfred Schmitz in das Amt eingeführt werden konnte.
Im Oktober 1948 fanden die ersten demokratischen Wahlen statt
und es galt als sicher, dass Otto Freund zum Bürgermeister gewählt
würde, denn er stand bei der gerade gegründeten CDU auf Platz 1 der
Reserveliste. Die Christdemokraten gewannen aber wider alle Erwartungen
bei dieser Ratswahl alle Direktmandate, die Reserveliste zog nicht und
Otto Freund konnte nicht in den Rat einziehen und somit auch nicht zum
Bürgermeister gewählt werden. Aus den Reihen der Ratsmitglieder wurde
Josef Heinermann zum Bürgermeister gewählt. Nun trat Stabilität in das
Bürgermeisteramt ein, denn der tüchtige und beliebte Bürgermeister Josef
Heinermann blieb bis zu seinem allzu frühen Tode 1956 im Amt. In dieser
Zeit wurden viele Probleme aus der Kriegszeit gelöst und neue Wege
geebnet.
Quellen: Geschichte der Stadt Warendorf 2000
Zeitzeugengespräche
Bilder: Bildarchiv der Altstadtfreunde
und Archiv
der Firma Darpe
Text: Mechtild Wolff
Turbulente 15 Jahre im Heimatverein: Rückblick der Vorsitzenden Mechtild Wolff
Vor 80 Jahren: Die letzten Tage des 2.
Weltkriegs in Warendorf Ostern 1945
Das Portrait: Dr. h.c. Heinrich Windelen
Aus Anlass des Denkmaltages am 8. 9. 2024:
Motto: "Wahrzeichen - Zeitzeugen der Geschichte"
Der Warendorfer Bürger-Schützenhof – eine
Erfolgsgeschichte mit traurigem Ende
Der erste große Stadtbrand von Warendorf aus dem Jahre 1404
Das Portrait: Joos Brandkamp, Kirchen- und Kunstmaler
(1905 - 1983)
von Mechtild Wolf
100 Jahre Frauenwahlrecht - Erinnerungen an Clara
Schmidt in Warendorf und die Frauenbewegung
Clara Schmidt und die Frauenliste
Fakten und Historie
Verleihung des Heimatpreises der Stadt Warendorf an den Heimatverein Warendorf
Dankesworte des Heimatvereins zur Verleihung des Heimatpreises 2023
Gurt vettig Lüe bin Krinknommdag
Das Gadem am Zuckertimpen 4 – ein „Kleine-Leute-Haus“ ein Leitfaden, nicht nur für Kinder
Waffelnbacken im Gadem
Westfälisch Platt:
von Franz Schulte Nahrup
Friedhofsrundgang des Heimatvereins mit Mechtild Wolff
Klönsonntag mit Mechtild Wolff
Zum Tag des offenen Denkmals:
Die Gesellschaft Harmonie in Warendorf
Heimatfest Mariä Himmelfahrt
Erlebte Geschichte: Mariä Himmelfahrt in den 1920er
Jahren von Eugenie Haunhorst
Unser engagiertes Ehrenmitglied Kurt Heinermann verstarb
im Alter von 91 Jahren
Anni Cohen und ihre Familie - von Warendorf nach Südafrika und Palästina
von Mechtild Wolff
Eduard Elsberg erbaute das erste große Kaufhaus in Warendorf
von Mechtild Wolff
Der
Elsbergplatz
von Dr. Bernward Fahlbusch
Das Fahrrad, ein wertvoller Besitz
von Eugenie Hauenhorst
Traditionelles Struwenessen an Karfreitag im Gadem am Zuckertimpen
Filmvorführung des Heimatvereins: "Als Warendorf sich wieder machte..."
Neujahrsgruß des Heimatvereins
Warendorfer Schriften Band 51/52 neu erschienen
Aus der Warendorfer Eisenbahngeschichte:
Der "Neue Bahnhof" in Warendorf von Mechtild Wolff
Aus der Warendorfer Eisenbahngeschichte:
Der "Alte Bahnhof" in Warendorf
Der Warendorfer Friedhof - Spiegel der Stadtgeschichte
Gebr. Hagedorn und Co, eine Landmaschinenfabrik mit Eisengießerei
Das Dezentrale
Stadtmuseum
ist in der Regel an Sonntagen von 15:00 - 17:00 Uhr geöffnet. Dazu
gehören das Rathaus, das Bürgerhaus Klosterstraße 7 mit den
handgedruckten Bildtapeten und das Gadem am Zuckertimpen 4
Der Eintritt ist frei.