An der Kirchstraße stehen die großen Fabrikgebäude der
ehemaligen Firma „Brinkhaus und Wiemann“, der ersten mechanischen
Weberei, die an dieser Stelle 1861 wieder Arbeitsplätze nach Warendorf
brachte, nachdem die Handweberei zum Erliegen gekommen war. Was haben
diese Gebäude aber mit Anna Lüninghaus zu tun und wer war sie?
Anna
Lüninghaus entstammte der alten Warendorfer Patrizierfamilie Zuhorn.
Anna war unverheiratet und verfügte als letztes Glied ihres
Familienzweiges über das Familienvermögen. Schon zu ihren Lebzeiten war
sie eine unermüdliche Helferin und Fürsprecherin für die Armen und
Hilfsbedürftigen in ihrer Heimatstadt. Trotz
der Industrialisierung gab es Ende des 19. Jahrhunderts große Armut in
Warendorf. Auch die Frauen mussten hart arbeiten, um ihre Familie
ernähren zu können. Für die Kinder blieb da wenig Zeit. Bald wurde klar:
Es fehlte eine „Kinderbewahrschule“, heute würde man sagen, ein
Kinderhort oder eine Kinder-tagesstätte. Die Stadt versuchte diese
Kinderbewahrschule im Waisenhaus an der Hohen Straße unterzubringen. Die
Clemens-schwestern, die das Waisenhaus führten, sahen sich aber nicht in
der Lage, Schwestern dafür zur Verfügung zu stellen. Darum erwarb Anna
Lüninghaus 1898 die beiden großen Fabrikgebäude an der Kirchstraße von
der Firma „Wiemann und Bispinck“, der Nachfolgefirma von „Brinkhaus und
Wiemann“, die ihren Firmensitz an die Bleichstraße verlegt hatte. Mit
9000 Mark gründete sie hier die erste Kleinkinderbewahrschule, die von
Vorsehungsschwestern geführt wurde. Nach ihrer Gründerin wurde sie
„Annenschule“ genannt. Hier gab es auch Weiterbildungsangebote für
Frauen, z.B. eine Nähschule und eine Kochschule, die sich großer
Beliebtheit erfreuten.
Diese beiden Gebäude an der Kirchstraße vermachte die
kinderlose Anna Lüninghaus schon 1905 der Pfarre St. Laurentius. Mit
ihrem restlichen Vermögen wollte sie den Notleidenden ihrer Heimatstadt
helfen. Darum legte sie testamentarisch fest, dass ihr gesamtes Vermögen
in eine Stiftung fließen sollte. Diese Stiftung trat nach ihrem Tode
1908 ins Leben und wurde
„Marienstiftung“
genannt. Die Einkünfte der „Marienstiftung“ sind in erster Linie für
Arme und Bedürftige bestimmt. Außerdem ist sie eine Studienstiftung für
begabte, mittellose Studenten; Blutsverwandte sollten hier ein gewisses
Vorrecht bekommen.
Die
„Marienstiftung“ ist noch heute eine wichtige soziale Einrichtung der
Kirchengemeinde St. Laurentius. Die Stiftung ist Eigentümerin
landwirtschaftlicher Flächen, mehrerer Häuser und vieler
Erbpachtgrundstücke. Nach dem Willen der Stifterin sollen mit den
Einnahmen aus Erbpacht, Pacht und Mieten Bürger der Stadt Warendorf
unterstützt werden, die sich in einer Notlage befinden, unabhängig von
ihrer Konfession. Es sollen aber nur einmalige Leistungen für einen
begrenzten Zeitraum gewährt werden.
Bei der Begründung der Stiftung war der Geheime Justizrat
Wilhelm Zuhorn ein verlässlicher Berater. Der erste Vorsitzende der
„Marienstiftung“ war Pfarrer Strumann von St. Laurentius, Wilhelm Zuhorn
war sein Stellvertreter. Heute wird die „Marienstiftung“ durch einen
Vorstand verwaltet, dem der jeweilige Pfarrer der Kirchengemeinde St.
Laurentius vorsteht und dem ein katholisches Mitglied des Stadtrates,
ein Vertreter des Kirchenvorstandes und zwei sachkundige Bürger
angehören.
In Erinnerung an die Stifterin heißt das linke ehemalige
Gebäude der Kinderbewahrschule an der Kirchstraße St. Annen-Stift. Das
rechte Gebäude heißt Franziska-Stift, nach einer weiteren Warendorfer
Wohltäterin: Franziska Cratz. An sie erinnert die
„Franziska-Cratz-Straße“, eine Seitenstraße der „Von-Ketteler-Straße“ im
Süden der Stadt.
Heinrich Blum, von allen "Mister Blum" genannt
Franz Joseph Zumloh, der Begründer des Josephshospitals
Maria Anna Katzenberger und Heinrich Ostermann
Hermann Josef Brinkhaus,
Gründer der Firma Brinkhaus
Eduard Wiemann und die Villa Sophia
Anna Franziska Lüninghaus, Gründerin der Marienstiftung
Wilhelm Zuhorn, Geheimer Justizrat und Geschichtsforscher
Bernard Overberg, der Lehrer der Lehrer
Arthur Rosenstengel, Seminarlehrer, Musikerzieher und Komponist
Pauline Hentze, Begründerin der Höheren Töchterschule
Franz Strumann, Pastor und Förderer der höheren Mädchenbildung
Dr. Maria Moormann, die mutige Direktorin der Marienschule
Josef Pelster, der Schulrat und Naturfreund
Wilhelm Diederich, Bürgermeister von 1869-1904
Hugo Ewringmann, Bürgermeister von 1904-1924
Theodor Lepper, Stadtrendant und Retter in den letzten
Kriegstagen
Clara Schmidt, Kämpferin für die Frauenliste im Stadtparlament
Elisabeth Schwerbrock, eine hochengagierte Stadtverordnete,
Eugenie Haunhorst, die Kämpferin für ihre Heimatstadt
Paul Spiegel, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in
Deutschland
Paul Schallück, der vergessene Nachkriegsschriftsteller
Heinrich Friedrichs, ein Warendorfer Künstler
Theo Sparenberg, Kinokönig und Tanz- und Anstandslehrer
Wilhelm Veltman, Retter der historischen Altstadt
Rainer. A. Krewerth, ein schreibender Heimatfreund
Prof. Dr. Alfons Egen
ein begnadeter Lehrer und Heimatfreund