Zum 50jährigen Jubiläum 1897 wurde eine zweite Fahne
für den Weberverein gefertigt. Mit der Jaquardt-Weberei, die
komplizierte Webmuster möglich machte, konnte ein elegantes Tuch
hergestellt werden. Neben den jetzt im Weberalltag gebrauchten
Naturfasern Baumwolle und Viskose wurden auch Metall- und Lurexfäden
verwebt, um einen schweren Brokatstoff herzustellen. Den Stolz der Weber
stellt eindrucksvoll das aufgestickte Bild der beiden goldfarbenen Löwen
dar, die mit ihren Krallen ein Wappen halten, das die neuen,
hochmodernen Webschützen zeigt, sowie eine Schere als Zunft-zeichen. Die
aufgestickte Inschrift „Weberverein Freckenhorst 1847-1897“ verweist auf
das Jubiläum des Webervereins. Die Rückseite der Jubiläumsfahne besteht
auch aus dem schweren Brokat, in dessen Mitte ein feiner Velours
appliziert wurde, der mit dem Bild des Heiligen Severus, dem
Schutzpatron der Weber, liebevoll bemalt wurde.
Die Kinder einer Weberfamilie wuchsen mit der Hausweberei auf und lernte
das Weberhandwerk von klein auf. Die hohe Kunst des Webens ging so in
die nächste Generation über. Die Weiter-entwicklung der Weber kann man
sehr schön an der Gestaltung der Freckenhorster Weberfahnen
ab-lesen. Die Weberfahne von 1847 wurde aus den Materialien
her-gestellt, die den Weberalltag damals beherrschten: Leinen, Jute und
Baumwolle. Das Fahnentuch besteht aus den verschiedensten
Mustertechniken und es sieht so aus, als ob die Weber ihre
Lieblingsmuster für die Fahne zusammengestellt haben. Neben
einfarbigen und gestreiften Stoffen finden sich Karo-, Fischgrät- und
Schachbrettmuster. Leichte Stoffe wechseln sich mit derbem Drell und
Velours ab. Das Mittelstück ist aus grobem Leinen und wurde bemalt und
beschriftet. „Hoch lebe der Weber-Stand“ ist dort zu lesen und die
Zunftzeichen Schere, Fadeneinholer und zwei Weberschiffchen wurden
aufgemalt.
Weberfahne von 1847
Die neue Weberfahne
von 1897
Diese hohe Kunstfertigkeit der Freckenhorster Handweber ist
nicht zuletzt dem begnadeten Weber Johann Peter Stoffels zu verdanken,
der 1848 nach Freckenhorst kam. Welch ein Segen für das kleine
Weberstädtchen, das durch die übermächtige Konkurrenz der mechanischen
Webereien in England in tiefe Not geraten war! Mit der Seidenweberei
versuchte er neue Wege zu gehen und brachte mit seiner Schirmfabrik
verlässliche Arbeitsplätze nach Frecken-horst. Johann Peter Stoffels
sorgte auch für die Weiterbildung der Weber. Er ermunterte die jungen
Weber zum Besuch der Fort-bildungsangebote in der Sonntagsschule am
Gymnasium Laurentianum in Warendorf. Er selbst hatte an der Höheren
Weberschule in Elberfeld eine solide Ausbildung erhalten. Das spornt
auch die Freckenhorster Webersöhne zur Weiterbildung an. Theodor Kreimer
z.B. besuchte die Weberschule in Krefeld. Sein Materialbuch aus dem Jahr
1903 zeigt, wie intensiv er sich mit den verschiedenen Garnen und
Materialien auseinandergesetzt hat. Eine gute Voraussetzung für die
gravierenden Veränderungen beim Weberstand. Die Zeit der Handweberei
ging zu Ende, die mechanische Weberei war das Gebot der Stunde. Die
langjährige Spezialisierung auf das Weben feiner Velours war die
Grundlage für die erfolgreichen Velourswebereien in Freckenhorst.
Weiterer Brief von Anna Seidel aus Illinois 1893
Die Bandweberei H. B. Heuveldop - die erste mechanische Weberei in Freckenhorst
Firma „Josef Kreimer“, Plüschweberei
„ZUCO“ - Firma Zurwieden & Co.
Die Veloursweberei „Theodor Kreimer“
Die neue Freckenhorster Weberfahne
Firma H. Brinkhaus, Werk Freckenhorst
"Textilstadt Warendorf"