Wie erging es den Auswanderern aus Freckenhorst in Amerika?
Ein bewegendes Zeitdokument: Der Brief von Anna Seidel geb. Kreimer aus Illiniois 1899
von Mechtild Wolff

1899 schrieb Anna Seidel geb. Kreimer (1846-1926) aus Marshall Illinois an ihre Schwägerin Anna Kreimer, geb. Linnemann in Freckenhorst. Anna Kreimer ist die Frau von Josef Kreimer und Mutter von Theodor Kreimer. Anna Maria war 1864 mit 18 Jahren mit ihren Geschwistern in die USA ausgewandert und wurde in Marshall das Zentrum der Familie. 

Marshall Ill. d. 13.September 1899

 

Meine innigstgeliebte Freundin!

 

Dein gedenk ich oft in meinem Tun;

Aus Deinem Brief hab ich vernommen,

Daß die Bilder sind nicht angekommen.

Drum schick ich Dir ein anderes Bild,

So hab ich meine Pflicht erfüllt.

Ein Bild vom Haus hab ich nicht mehr

und das bedaure ich gar sehr.

Doch, wenn ich mir eins bauen thu,

dann schick ich Dir ein Andres zu.

Das andre Bild, was Du findest drinnen

Sind meine 2 kleinen Enkelinnen.

Paulas liebe kleine Mädchen da,

Sie heißen Vivian und Felicia.

Es sind nämlich bloß 2 Jahre her,

Daß Paula verheiratet wär.

Sie hat bekommen einen guten Mann,

Wie sie sichs nicht besser wünschen kann.

Auch sind sie gar nicht so sehr arm,

Denn er hat eine schöne Farm.

Das ist nicht lauter dürrer Sand,

Sondern 200 Aker gutes Land.

Auch wohnen sie, was ich gern sehe,

Hier in meiner nächsten Nähe.

Sie war heute mit ihren Kindern hier

Und schickt auch viele schöne Grüße Dir.

 

Die zweite Tochter ist noch bei mir,

Die laß ich auch sobald nicht fort von hier.

Denn das liebe Clärchen

Ist erst 16 Jährchen.

 

Wie ich aus Deinem Brief ersehe,

Thätet Ihr es gerne sehen,

Wenn ich Euch mal besuchen Thät,

Ja, wenn ich das liebe Geld nur hät! -

Zwar habe ich - Gott sei Dank,

Etwas aufbewahret auf der Bank.

Doch die gar 100 Dollar Geld,

Sind nicht für Reisen durch die Welt.

Da will mir ein Haus für bauen,

Denn daß Alte thut gar wüßt ausschauen.

 

Du fragst, Du hast mir einen Brief geschrieben,

Doch der ist sicher wo liegen geblieben.

Denn ich habe keinen bekommen,

sonst hättest Du von mir vernommen.

Denn es ist bei mir so Brauch,

Daß ich gleich antworte auch.

 

Vom Bruder hab ich erhalten eine Karte,

Doch wie lange ich auch schon warte,

Der Brief, der folgen sollte,

Den gleich er schreiben wollte,

Ist noch nicht angekommen,

Habe weiter nichts vernommen.

Alles was Du mir geschrieben,

Daß er nicht in Freckenhorst geblieben.

Sag, wie siehts denn in Freckenhorst aus,

Hat Josef verkauft unser Haus?

Thu doch auch gleich wieder schreiben,

Laß mich nicht ohn`Antwort bleiben.

Schreib was Dein kleines Männchen macht.

Und ob es auch oft an mich gedacht.

.

Auch wieviel Schwieger Töchter Du hast.

Und wieviel Enkel Dir sind zur Last.

Gern möchte ich Eure Bilder haben,

Und mich an Eurem Anblick laben.

 

Wie gern möchte ich Euch wiedersehn,

Könnt es doch einmal nur geschehn.

Ach, wenn doch noch wär hienieden,

Mir ein solches Glück beschieden.

Doch wenns auf Erden nicht kann sein,

Wollen wir uns im Himmel freun.

Laß uns gute Freunde bleiben,

Und fleißig uns einander schreiben.

Thu ferner Deine Lieb mir schenken,

Und in der Ferne mein gedenken.

 

Du schreibst, daß in Eurer Stadt,

Sich gar so viel verändert hat.

Daßselbe ist auch hier der Fall,

Wo früher stand ein alter Stall,

Da kann man überall jetzt sehen,

Lauter schöne neue Häuser stehen.

Und zur Kirche fährt hier jeder Bauer

Mit einem eleganten Landauer

 

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