Bei
der Firma Brinkhaus sind wir in der glücklichen Lage, dass die
Firmenchefs eine sehr genaue Chronik geführt haben. Ein besonders
fleißiger und sorgfältiger Chronist war Bernhard Brinkhaus.
Ein Glücksfall, dass Dr. Paul Casser nach dem 2. Weltkrieg die
Redaktion von „Ketting und Einschlag“ übernahm. In vorbildlicher Weise
erstellte er eine fortlaufende Chronik der Firma Brinkhaus und schlug
gleichzeitig einen Bogen zu den Ereignissen in Warendorf, Westfalen und
Deutschland. Der Schwerpunkt der kulturellen Beiträge lag in der
Erforschung der für Warendorf sehr bedeutsamen Leinewebervergangenheit
und der industriellen, textilen Gegenwart.
Nachdem
sich Hermann Josef Brinkhaus und sein Kompagnon Eduard Wiemann getrennt
hatten, gründete er 1879 die Firma „H. Brinkhaus“ und begann mit dem
Neubau seiner Firma. Er hatte sich das Gelände der alten Emsbleiche
ausgewählt, genau gegenüber der alten Firma, am nördlichen Ufer der Ems.
Hier war einst das berühmte „Warendorfer Linnen“ gebleicht worden und
hier hatte die „Firma Eickholt und Erben“ und die „Bleichanstalt
Preckel“ ihre Fabrikation gehabt. Nun hatten die chemischen
Bleichverfahren die Rasenbleichen überholt und die Fa. Eickholt hatte
ihren Betrieb eingestellt.
Der Bau der neuen Firma H. Brinkhaus ging in großer Eile
vonstatten, denn die Produktion durfte nicht unterbrochen werden und die
Mitarbeiter mussten Geld verdienen, um ihre Familien zu ernähren. Darum
war es sehr hilfreich, dass 1879, bei der Trennung der Kompagnons
Brinkhaus und Wiemann, ein Teil der Webstühle und andere
Produktionsmittel am H.J. Brinkhaus gefallen war. Die freundschaftlichen
Beziehungen zu Christian Rath machten es möglich, dass diese Maschinen
behelfsmäßig in der Rathschen Spinnerei in Sassenberg aufgestellt
wurden. So war für die Brinkhaus Arbeiter eine Notlösung geschaffen und
die Produktion lief weiter. Daneben wurden manche Arbeiten auch in
Heimarbeit erledigt, wie z.B. das Anfertigen der Schussspulen.
Am 28. August 1879 legte die junge Frau von Hermann Brinkhaus,
Hermine geb. Kracht (1851-1932), den Grundstein für die neue Fabrik an
der Ems. In der Chronik der Fa. Brinkhaus steht „1879, den 28. August,
legt Minchen den ersten Stein zur Fabrik auf der Emsbleiche.“ Die
Bauausführung lag bei der Firma Carle´. Schon am 30. Oktober, nach nur 2
Monaten, war das neue Fabrikgebäude unter Dach gebracht, sogar der
100 Fuß hohe Schornstein war fertig.
Am 31. Oktober 1879 wurde Richtfest gefeiert für das
zweieinhalbstöckige Bürogebäude, den 26m hohen Schornstein und die
einstöckigen Sheddach-Hallen. Im Giebel befindet sich noch heute ein
Sandstein mit der Jahreszahl 1879.
In Januar 1880 wurde die Produktion aufgenommen. Der
Gebäudewert wurde mit 60 000 Mark veranschlagt.
Nun hatte die Firma „H. Brinkhaus“ moderne einstöckige
Produktionsgebäude, so, wie wir sie heute noch kennen und bald konnten
auch noch moderne Webstühle dazu gekauft werden. Die neuartige
Gasbeleuchtung sorgte für gleichmäßiges Licht, das im Websaal für eine
qualitätsvolle Arbeit sehr wichtig war. Außerdem gab es einen sehr viel
leistungsfähigeren Dampfkessel, den die „Gebr. Storck und Co“ aus
Hengelo gebaut hatten. Alles war auf neuestem Stand. Die Weber und die
Webstühle, die in der „Spinnerei Rath“ in Sassenberg untergebracht waren
und die Heimarbeiter fanden alle Platz in der neuen Firma. Bald
klapperten hier über 130 Webstühle und die Belegschaft war auf über 100
Mitarbeiter angewachsen.
Die Handweberei ging immer mehr zurück, sie war nicht mehr
konkurrenzfähig. Die guten Weber wurden von den Industriebetrieben sehr
umworben.
1881 kam mit der Gründung der „Mechanischen Weberei und
Färberei Oberstadt und Ludorff“ später „Ludorff und Neuhaus“ ein drittes
Textilunternehmen mit der gleichen
Produktausrichtung auf den Markt. Diese drei Firmen lieferten sich einen
erbitterten Konkurrenzkampf. Die Umsätze waren recht gut, aber die
Jahresergebnisse eher traurig. Die Produktpallette wurde auf über 50
Gewebearten erweitert und bei Brinkhaus standen jetzt 180 Webstühle.
Hermann
Josef Brinkhaus ((1819-1885) war nun schon 60 Jahre alt und hatte in der
Firma tatkräftige Unterstützung von seinen beiden Söhnen.
Hermann (1847-1895) (Großvater von Hermann Gustav Brinkhaus)
hatte eine textilwirtschaftliche Ausbildung in England und Belgien
absolvierte und arbeitete schon seit 1869 in der Firma. Er hatte die
Konzeption der neuen Fabrik und die technische Ausstattung wesentlich
bestimmt. Sein Vater machte seinen ältesten Sohn zu Prokuristen mit
einem Jahresgehalt von 3000 Mark, alternativ 25% des Gewinns. Er war für
den technischen Bereich zuständig.
Bernhard
(1857-1935) (Großvater von Dieter Brinkhaus) hatte nach dem Einjährigen
eine kaufmännische Lehre in Warendorf und Köln gemacht, sich dann aber
für eine militärische Laufbahn entschieden und es zum Reserveoffizier
und zum Rittmeister gebracht. 1878 entschied er sich aber trotzdem
für die Textilindustrie und besuchte die Webschule in Mühlheim am Rhein,
wo er sich speziell mit der Färbetechnik befasste. Sein Vater berief den
10 Jahre jüngeren Bernhard zum Commis, d.h. zum leitenden Angestellten
mit einem Anfangsgehalt von 900 Mark. Er arbeitete zunächst als
Reisender. 1884 erhielt auch Bernhard Prokura. Am 1.1.1885 wurden beide
Söhne gleichberechtigte Gesellschafter. Den anderen Geschwistern
gegenüber hatten sie eine Auszahlungspflicht. So war der Übergang in die
nächste Generation gut geregelt, als Hermann Josef Brinkhaus am
24.2.1885 verstarb, erst 66 Jahre alt. Er hinterließ seine Frau Johanna
geb. Ostermann und seine Söhne Hermann, Hugo, Paul und Bernhard, sowie
seine erst 16 Jahre alte Tochter Sophie. Vier Kinder waren ihm schon im
Tod vorausgegangen. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde er in
Warendorf auf dem Friedhof begraben.
Die Firma war wohlgeordnet, hatte aber mit dem ruinösen
Wettbewerb der Firma “Wiemann & Bispinck“ und der Firma Oberstadt schwer
zu kämpfen. Die drei Firmen hatten das gleiche Produkt und den gleichen
Kundenstamm und Wiemann unterbot Brinkhaus generell um 10%.
1884 hatte Brinkhaus 50 verschiedene Produkte im Angebot:
Rohnessel, Segeltuch, Bettdrell, Barchent, verschiedene Leinenarten,
Nessel, Flanell, Kartune, Baumseide, Futterzeug, Blusenstoffe etc.
1888 wurde ein neuer Websaal gebaut. Jetzt ratterten 180
Webstühle.
1879 Erste Visitenkarte der neuen
Firma
1892 kaufte die Fa. H. Brinkhaus die Preckelsche Bleicherei und
Appretur-Anstalt, die sich westlich an das Firmengelände anschloss. Auf
diese Weise wurde die Firma unabhängig von fremden Ausrüstern. Für die
Belegschaft und die Warendorfer Bevölkerung ergab sich eine angenehme
Begleiterscheinung: Die neue Anlage unterhielt eine Badeanstalt mit
einer größeren Anzahl von Badewannen und Brausen, die gerne in Anspruch
genommen wurden.
1895 ereilte die Firma ein neuer Schicksalsschlag: Hermann
Brinkhaus, der ältere der beiden Inhaber, verstarb mit erst 48 Jahren an
einem Nierenleiden. Mitten aus dem arbeitsamen Dasein wurde er
herausgerissen. Er war, wie sein Vater, in der
Stadtverordnetenversammlung für das öffentliche Leben Warendorfs
gemeinnützig tätig gewesen, war Kurator im Josefs-Hospital und hatte
seine Fähigkeiten als Kammermitglied in der Industrie- und Handelskammer
eingebracht. Mit seiner Frau Hermine und seinen Kindern Hermann, Fritz,
Paul, Carl und Josefine trauerten die gesamte Belegschaft und die
Warendorfer Bürger.
Hermine
und ihre Kinder lebten in westfälischer Gütergemeinschaft und waren
Teilhaber in der Firma. Bernhard Brinkhaus musste nun die Geschäfte
allein führen. Von den Nachkommen seines Bruders wollte nur Paul in die
Textilbranche. Er musste aber erst eine Ausbildung bekommen.
1903 trat dann sein 26jähriger Neffe Paul Brinkhaus (1877-1930
verheiratet mit Jenny Brinkhaus Tochter seines Onkels Hugo) als
Prokurist, 1908 dann als Inhaber in die Firma ein. Er hatte eine
kaufmännische Ausbildung hinter sich.
Der Baumwollmarkt war hart umkämpft. Zu viele Betriebe standen in
einem harten Konkurrenzkampf. Bernhard Brinkhaus kam zu der Erkenntnis,
dass eine Produktsteigerung nicht mehr sinnvoll war. Darum stand das
Bemühen, die Fabrikation zu vervollkommnen und rentabler zu gestalten
und den Absatz zu sichern, im Mittelpunkt. Die Zukunft sah er in einer
starken Spezialisierung auf bestimmte Produkte.
„Ketting und Einschlag“ 1950-1963 Werkzeitung der
Inlettwebereien
H. Brinkhaus Warendorf, Sassenberg, Freckenhorst
Paul Leidinger: Hermann Josef Brinkhaus (1819-1885) und die
Anfänge der Industrialisierung in Warendorf Verlag Aschendorff
Münster 1996
Chronik der Familie Ostermann
Hermann Josef Brinkhaus und Dr. Paul Casser:
„Vom Werden und Wachsen der Brinkhaus Inlettwebereien“
Warendorf 1991
Textilindustrie in Warendorf
Kette und Schuss - von der Handwebei zur Textilindustrie
„Anton
Eickholt & Erben“ - feine Damast- und Gebildweberei
elegante Damenmode
„Villa Sophia“, später
„Sophienstift“ genannt
"Textilstadt Warendorf"
Geschichte der Firma Brinkhaus (I)
Geschichte der Firma Brinkhaus (II)
Geschichte der Firma Brinkhaus (III)