Die Warendorfer Altstadt ist bis heute geprägt von ihrer Vergangenheit als Weberstadt. Zur Zeit der Hanse erblühte die Stadt, die Leinenhändler verdienten gut und bauten repräsentative Steinhäuser an den Hauptstraßen und am Marktplatz. Viele dieser Bürgerhäuser sind erhalten, z.B. die Häuser Zumnorde, Leopold, Bunne, Metz und die Handweberei „Eickholt und Erben“.
Andere
Gebäude haben dem Zeitgeist der modernen Bebauung weichen müssen, wie
z.B. das Haus des Verlegers Dünheuft an der Hohen Straße. Die einfachen
Weber aber wurden nicht reich durch ihrer Hände Arbeit, sie blieben
„arme Schlucker“ und wohnten in den kleinen Weberhäuschen, die wir heute
Gademe nennen. Es gab um 1650 ca. 400 Gademe in Warendorf, von denen bis
heute 60 erhalten sind. Diese ungewöhnlich vielen Gademe sind dem großen
Glück zu verdanken, dass Warendorf von der Zerstörung durch den Krieg
verschont wurde. Außerdem kam und kommt in Warendorf alles etwas später,
so auch die Innenstadtsanierung und als in den 1980er Jahre die Altstadt
saniert wurde, war es nicht mehr zeitgemäß, diese alten „Kleine Leute
Häuser“ abzureißen. Sie wurden zu liebenswerten Stadtwohnungen gestaltet
und machen heute den Charme unserer Altstadt aus. Außerdem gibt es in
Warendorf das einzige Gadem-Museum Deutschlands.
Die Gebäude der Textilfirmen aus der Gründerzeit sind
bedauerlicherweise fast alle abgerissen worden. Eine glückliche Ausnahme
sind die beiden eindrucksvollen Fabrikgebäude der ersten mechanischen
Weberei „Brinkhaus und Wiemann“, später „Wiemann und Bispinck“ an der
Kirchstraße. Nachdem die Firma ihren Sitz an die Brinkstraße verlegt
hatte, erwarb Anna Lüninghaus, die Wohltäterin der Armen, die Gebäude
und richtete hier die erste Kleinkinderbewahrschule in Warendorf ein und
eine Nähschule. 1905 begründete Anna Lüninghaus die „Marienstiftung“, in
die sie die Gebäude einbrachte. Die beiden großen Fabrikbauten sind in
einem hervorragenden Zustand, werden von der Caritas genutzt und
beherbergen einen sehr schönen Kindergarten.
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Stadtvilla Bispinck an der Münsterstraße | Christoph und Elisabeth Bispinck mit Kindern, rechts Theresa | Haus Bispinck |
Christoph Bispinck und seine Frau Elisabeth bauten sich 1887 eine
elegantere Stadtvilla an der Münsterstraße/ Ecke Münsterwall. Sie wurde
leider 1967 für den Sparkassenneubau abgebrochen. Erhalten
geblieben
ist der daneben liegende Altenwohnsitz, der 1903 erbaut wurde.
Der Erhalt dieses Gebäudes aus der Epoche des Historismus mit seinen für
Warendorf einmaligen Jugend-stilelementen ist der Bispinck-Tochter
Theresia zu verdanken, von allen früher liebevoll Tante Threschen
genannt. Sie hatte dieses Haus geerbt und weigerte
sich
standhaft, vor ihrem Tode das Haus zu verlassen. Gott sei Dank lebte sie
lange, denn als Theresia Bispinck 1982 starb, war der Historismus
denkmalwürdig geworden und der geplante Abriss fand nicht mehr statt.
Das historische Raumgefüge mit den ursprünglichen Rahmentüren, den
Jugend-stilfenstern und dem kunstvoll gestalteten Treppenhaus aus der Bauzeit
war unverändert
erhalten. Bei der Restaurierung des Gebäudes wurden hinter den
Verschalungen zahlreiche Deckenstuckornamente freigelegt, die nach
Farbfunden wieder in den ursprünglichen Zu-stand zurückversetzt werden
konnten. Heute zeigt dieses Haus sehr anschaulich, wie eine
Textilfabrikantenfamilie re-präsentativ
wohnte. Es gibt in Warendorf kein zweites Ge-bäude aus der Zeit des
Historismus, das so original-getreu erhalten ist. Das Haus Bispinck ist
ein Schmuckstück für das Dezentrale Stadtmuseum und für die Sparkasse,
in deren Besitz es sich befindet. Es ist spannend zu sehen, wie in
diesem Haus modernes Business in historischem Ambiente gestaltet wird.
Da die Firma „H. Brinkhaus“ bis 2011 tätig war, sind alle
Firmengebäude bis heute erhalten, sowohl das eindrucksvolle Bürogebäude
von 1879, dessen Fassade unter Denkmalschutz steht, als auch die
Sheddach-Hallen und die vielen neuen Hallen aus den letzten 60 Jahren.
Vieles davon ist denkmalwert und die nächsten Jahre werden
zeigen, ob die Entscheidungsträger dieser Stadt willens sind, diese
Zeugnisse der textilen Vergangenheit Warendorfs für die Nachwelt zu
erhalten.
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Das Garagenhaus der Firma Brinkhaus | Das Pförtnerhaus der Firma Brinkmann |
Eine
besonders schöne Gestaltung des Orts-eingangs der Stadt Warendorf ist
1950 Heinrich Bartmann, dem bedeutenden münsteraner Architekten, mit
dem Bau des Garagen-hauses der Firma Brinkhaus an der Straße „Zwischen
den Ems-brücken“ gelungen. Zur Straßenseite baute er Werkswohnungen, zum
Fabrikhof hin befinden sich die großen Garagen für die Firmen-LKW.
Auch
hier bleibt abzuwarten, ob die Stadt die Denkmal-würdigkeit dieses
Ensembles mit dem Pförtnerhaus und der noch erhaltenen Tankstelle
erkennt oder ob hier ein moderner Zweckbau die Priorität bekommt.
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Gründerzeitvilla an der Milter
Straße
Bungalow an der Milter
Straße
An der Milterstraße finden wir mehrere Spuren aus der Blütezeit der
Textilindustrie. Den Anfang machte mit dem Haus Nr. 1 Bernhard
Brinkhaus, der eine typische Gründerzeitvilla baute, die außen im
Original-zustand erhalten ist, innen zu Eigen-tumswohnungen aufgeteilt
wurde.
Auf
dem Grundstück Milterstraße 5 erbaute Hermann Josef Brinkhaus in den
1950er Jahren einen Aufsehen erregenden Bungalow.
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Haus Bleiche heute | Haus Bleiche |
Direkt
hinter der Firma Brinkhaus, auf der Emsbleiche, befindet sich eine sehr
repräsentative Villa, „Haus Bleiche“ genannt. Erbaut wurde
sie Ende 1800 von Hermann Brinkhaus. Hier wohnten auch sein Sohn Fritz
Brinkhaus und später sein Enkel Hermann Gustav Brinkhaus mit ihren
großen Familien und zuletzt sein Urenkel Fritz Brinkhaus. Heute befinden
sich Eigentumswohnungen in „Haus Bleiche“. Nach den Um- und Anbauten ist
von der Eleganz der Villa leider nichts mehr übrig geblieben.
Das
daneben stehende Gärtnerhaus ist noch weitgehend im Originalzustand.
Ja, einen Gärtner brauchte man damals wahrlich, denn der heutige
Brinkhaus-park war der zu „Haus Bleiche“ gehörende Privat-park. Hermann
Gustav Brink-haus schenkte diesen sehr liebevoll angelegten Park 1974
der Warendorfer Bevölkerung als Bereiche-rung für den Emspark. Und das
war er dann auch all die Jahre und nun soll dieser schöne alte Park
durch die Emsumlegung zerstört werden soll. Sehr schade.
Textilindustrie in Warendorf
Kette und Schuss - von der Handwebei zur Textilindustrie
„Anton Eickholt & Erben“ -
feine Damast- und Gebildweberei
elegante Damenmode
„Villa Sophia“, später „Sophienstift“ genannt
"Textilstadt Warendorf"
Geschichte der Firma Brinkhaus (I)
Geschichte der Firma Brinkhaus (II)
Geschichte der Firma Brinkhaus (III)