Der Sommer ist gekommen und damit auch die Wanderzeit. Der
Heimatverein Warendorf möchte Ihnen in den folgenden Wochen Vorschläge
für Wanderungen unterbreiten, die bei knapp zwei Stunden Weglänge auch
mit Kindern gut zu schaffen sind. Es sind Wege ausgesucht worden, die
fast ausschließlich „naturbelassen“ sind. Doch leider ist auch das
Münsterland im Laufe der letzten Jahrzehnte zu einer aufgeräumten
Agrarlandschaft geworden und es ließ sich nicht immer vermeiden, dass
asphaltierte Wirtschaftswege das Wandervergnügen beeinträchtigen.
Heimat, wenn man sie richtig (er)leben
will, muss erwandert werden! Hinweise zu Fauna und Flora und zu
besonderen Sehenswürdigkeiten werden Ihnen deshalb mit auf den Weg
gegeben.
Für das kommende Mai-Wochenende schlägt der Heimatverein Ihnen eine
Wanderung in der Bevermark westlich vom Kloster Vinnenberg vor. Es ist
die günstigste Zeit, in diesem Waldgebiet zu wandern, denn der hohe
Grundwasserspiegel sorgt an warmen Tagen für skandinavische
Mückenplagen. Die Flurbezeichnung Mark weist auf die frühere Nutzung
dieses Heide- und Waldgebietes hin. Es war eine gemeinschaftlich
genutzte Fläche, die der Viehmast und dem Plaggenhieb
diente. Die Plaggen, die abgehobenen obere Grasschichten, dienten in den
Ställen als Streu und anschließend auf den Feldern als Dung. Mitte des
19. Jahrhunderts wurden bei der Markenteilung die Flächen aufgeteilt und
den Bauern übereignet. Die Waldflächen der Bevermark mit dem östlich
anschließenden Vinnenberger Busch sind als Staatsforst im Besitz des
Landes Nordrhein-Westfalen gekommen.
Die Anfahrt zur Wanderung erfolgt über Milte und die Straße nach
Ostbevern. Auf halber Strecke kommen links die Windräder ins Blickfeld,
für Sie geht es rechts ab (Hinweis: Habichtshof) über die Bever in den
Rengering. An der Brücke über den alten Flusslauf lohnt sich ein kurzer
Halt.
Die Figur zeigt den heiligen Johannes aus Nepomuk, im Volksmund kurz
„Brückenheiliger“ genannt.
Weil er das Beichtgeheimnis einhielt, der kleine Engel zu seinen
Füßen deutet darauf hin, wurde er in Prag von der Brücke in die Moldau
gestoßen. Auf dem Sockel ist das Entstehungsjahr der ursprünglichen
Figur von 1754 (Es soll sich hier um eine 1997 angefertigte Kopie
handeln.) in Form eines Chronogramms angegeben.
Im Jahre 1247 wurde im Rengering ein Zisterzienserinnen-Kloster
errichtet, das 1809 aufgelöst wurde. Die umliegenden Höfe gingen in
Privatbesitz über, von der Klostergebäuden und der -kirche ist nichts
mehr zu sehen.
Die Straße macht einen Linksbogen um die Höfe herum und läuft auf
einen Wald rechts der Straße zu. Hier oder am folgenden Waldweg bietet
sich ein Parkplatz an. Die Wanderweg verläuft zunächst am Waldrand,
biegt dann am Wassergraben links ab, verläuft zwischen dem Wasser rechts
und einem Damm links und stößt nach 200m auf einen weiteren Graben, dem
Sie nach rechts folgen und bei der ersten Gelegenheit vor einem Feld
links überqueren. Sie folgen zunächst dem Weg in den Wald,
Blütenteppiche von weißen Buschwindröschen, oft in Gesellschaft mit
violetten Leberblümchen, begleiten Sie. Nicht zu übersehen sind die
Schäden, die die letzten Stürme angerichtet haben: verdrehte Baumstämme,
gerodete Flächen mit braunem Farnkraut, das die Baumstümpfe umgibt.
Am Ende des Weges, an einem ungewöhnlich niedrigen Hochsitz
(offensichtlich für die Jagd auf Niederwild…) müssen Sie feststellen,
dass der Weg geradeaus Richtung Freise zugewachsen
ist und nur noch die Möglichkeit besteht, nach links zur Straße, wo Sie
nicht hinwollen, und nach rechts auf ein wegloses Feld zugeht und dort
endet. Entscheiden Sie sich für rechts, denn am Ende dieser „Sackgasse“
geht es durchaus weiter, wenn auch weglos! Das
lässt sich manchmal nicht vermeiden, wenn man befestigte Wege vermeiden
will. An dieser Stelle nun nimmt Ihre Wanderung Expeditionscharakter an:
kurz nach links und nach rechts zwischen Wald und Feld auf einen
Hochsitz zu, vor dem Sie nach links abbiegen. Jetzt wieder auf einem
bequemen Weg, gehen über raschelndes Buchenlaub, kommen an einem
Grenzstein vorbei (der, nach seinem bemoosten Haupt zu urteilen, uralt
sein muss…) und schenken der mächtigen Eiche ihm gegenüber einen
anerkennenden Blick. An einer Waldwiese vorbei, wie sie eigentlich nur
in Märchen vorkommt, laufen Sie auf den Hof Freise zu. Vorher stoßen Sie
auf den Wanderweg X4. An diesem Punkt können Sie nach links den Rückweg
antreten und gelangen zur Straße, die nach links zu Ihrem Parkplatz
führt. Das wäre aber schade, denn es folgen, wenn Sie den X4 nach rechts
einschlagen, noch schöne Waldpartien: Auf dem zweiten Weg links geht es
an einer verlassenen Waldarbeiterhütte vorbei zur Straße durch den
nördlichen Beverstrang. Ein kurzer Gang über Asphalt bleibt Ihnen nicht
erspart, können den aber abkürzen, indem Sie vor der Straße den Weg
links zwischen Wald und Feld nehmen. Nach 100m am Straßenknick geht es
links auf den Rückweg zunächst am Wassergraben ein Stück über offenes
Land, dann in den Wald und am Ende des Weges rechts zum X4, dem Sie bis
zur Straße folgen. Auf dieser nach links zum Auto zurück – es sei denn,
Sie unternehmen diese Tour im hoffentlich coronafreien Herbst
und Sie können auf dem Habichtshof den verdienten Lohn für eine
stellenweise strapaziöse und deshalb schöne Wanderung genießen.
Norbert Funken