Bis
1836 galt die französisch-bergische Munizipal-Verfassung mit einem
Bürgermeister und zwei Beigeordneten an der Spitze der Stadtverwaltung.
Das Bürgermeisteramt war ehrenamtlich, der Bürgermeister erhielt kein
Gehalt, aber eine Aufwandsentschädigung von 800 Talern für Bürokosten.
Die damaligen Bürgermeister waren in den meisten Fällen Kaufleute, die
aber vorher schon Erfahrungen im Magistrat gesammelt hatten. Erst 1868
kam mit Bürgermeister Diederich ein ausgebildeter Verwaltungsfachmann in
das Amt.
Johann Kasper Schnösenberg (1786-1826) war der Sohn eines Warendorfer Bäckers, Brauers und Gastwirts, auch Wirtschafter genannt. Seine Familie führte das wohlrenommierte Hotel Schnösenberg mit Gaststätte und großem Festsaal an der Münsterstraße. Johann Kasper hatte das „Laurentianische Gymnasium“ der Franziskaner in Warendorf besucht, war mehrfach ausgezeichnet worden. Dort hatte er das nötige Rüstzeug für das Bürgermeisteramt bekommen, das er 1813 im Alter von 27 Jahren übernahm. Leider befand sich sein Gymnasium im Niedergang und Schnösenberg sah eine seiner ersten Aufgaben darin, „die Wiederherstellung des Laurentianischen Gymnasii“ zu betreiben, von dem „der Flor der Stadt und die Bildung der Jugend“ abhing, so hatte er der Münsterischen Behörde geschrieben. Der Oberpräsidenten von Vincke förderte die Bestrebungen Schnösenbergs, so dass er am 1. Mai 1820 die Wiedererrichtung des Laurentianum als „Höhere Bürgerschule“ im neuhumanistischen Geist bekannt geben konnte.
Bürgermeister
Schnösenberg war auch sehr auf ein schönes Stadtbild bedacht. Darum
nutzte er 1823 seine guten Beziehungen zum Preußischen König Friedrich
Wilhelm III. und bat ihn, der Stadt Warendorf die alte Toranlage der
Zisterzienserabtei Marienfeld zu schenken. Diese Toranlage hatte bis
1803 an der Zisterzienserabtei gestanden und war im Zuge der
Bilderstürmerei der Säkularisierung in Ungnade gefallen. Die prächtigen
Sandsteinsäulen gehörten nun dem Staat und wurden abgerissen, aber Gott
Dank nicht zerstört, sondern eingelagert. Davon bekam Bürgermeister
Schnösenberg Kenntnis und dank seiner guten Beziehungen zum Preußischen
König konnte er das Tor nach Warendorf holen. Seit fast 200 Jahren
zieren die Torpfeiler den westlichen Stadteingang. Nur das Münstertor
vermittelt den Bürgern und unseren Besuchern, dass hier eine historische
Altstadt beginnt - ein bis heute schön gestalteter Stadteingang.
Schnösenberg wurde ein sehr tüchtiger Bürgermeister und bekam in
Anerkennung seiner Verdienste 1824 eine Zulage von 100 Talern
zugesprochen, die aus dem städtischen Kommunalfonds gezahlt wurde. Damit
wurde der Warendorfer Bürgermeister der höchstbesoldete Kommunalbeamte
im Regierungsbezirk Münster. 1826 starb Bürgermeister Johann Kaspar
Schösenberg mit nur 40 Jahren. Die Stadt Warendorf verlor allzu früh
einen allseits beliebten und geschätzten Bürgermeister.
Mechtild Wolff 2019