Warendorf, die Stadt des Pferdes. Die Kreisstadt ist weit
über die Grenzen bekannt und das nicht nur wegen des Landgestüts.
Gerühmt durch seine historische Altstadt. Der Marktplatz - ein
Aushängeschild. Das Dezentrale Stadtmuseum ein Inbegriff für
gelebte Historie.
Lebensqualität und die gelungene Verbindung von
historischen Bauten und moderner Einkaufsmöglichkeit für die Bürger
und Besucher.
Das war einmal.
Warendorf schafft sich ab!
Ein anregender Einkaufsbummel ist in Warendorf seit
längerem kaum mehr möglich. Zu viele Geschäfte sind geschlossen,
die Fenster mit Papier verklebt. Ein groteskes Umzugsroulette
begeistert allenfalls die Ladeninhaber. Ansonsten reihen sich
Billigunternehmen aneinander.
Warendorf ist dabei sein unverwechselbares Gesicht zu
verlieren, seine Identität. Warendorf wird austauschbar.
Warendorf schafft sich ab.
Weiter geht’s.
Der Bürgerhof. Vor Jahren noch eines der Wahrzeichen der
Stadt. Langsam eingekeilt durch rechteckige „Einkaufparadiese“ aus
Beton. Nicht mehr gebraucht aber nicht vergessen an jemanden
verkauft, der es haben wollte aber nichts damit anzufangen wusste.
Warum der Herr Henschen das Gebäude überhaupt gekauft hatte, bleibt
ungeklärt und unverstanden.
Genug der nostalgischen Gefühle! Schluss mit Lustig!
Eine Mutation vom Wahrzeichen zur Abbruchruine.
Stattdessen wird ein neues rechteckiges „Einkaufsparadies“ aus
Beton dort entstehen.
Und weil einkaufen viel Platz benötigt muss nicht nur der
Hof der Bürger weichen, sondern auch das Grün drum herum. Da
bekommt der Begriff „Deutsche Gründlichkeit“ eine ganz neue
Bedeutung oder erklärt sich besser.
Aber „Bäume haben keinen Wert. Sie dürfen gefällt werden“,
tönte ja bekanntlich Klaus Artmann laut.
Dieser verachtenden und überheblichen Aussage möchte ich
die Frage gegenüber stellen: „Was hat überhaupt noch einen Wert?“
Noch eine Frage: „Welche Werte zählen noch?“
Demokratie heißt „Herrschaft des Volkes“.
Während einige Geschehnisse auf Bundesebene mich wieder an
Demokratie glauben lassen, erschüttert mich das Verhalten der
Politiker auf lokaler Ebene bis ins Mark.
Ein- und Widerspruch vermeidend wird beschlossen und
ausgeführt. Laut Zivilcourage propagierend agieren sie selbst
eigennützig und still und heimlich.
Wie Diebe, die nicht ertappt werden möchten, hinter
verschlossenen Türen und im Dunklen und darauf hoffend, dass der
mündige Bürger es nicht bemerkt und sich nicht regt. Schnell,
schnell alles beseitigen, bevor man sich mit der Meinung und den
Empfindungen der Bürger erneut herum schlagen muss.
In einer Hauruck- Aktion haben Befehlsempfänger ihren
Auftrag dann ausgeführt. Befehl ist Befehl, da braucht man weder
dafür, noch dagegen sein. Befehle oder Aufträge werden ausgeführt -
im Sinne des Kunden natürlich.
Der erste Schritt zur Durchsetzung der eigennützigen Pläne
ist getan: Neun über 100 Jahre alte Bäume wurden nieder gemacht, um
einem Supermarkt Platz zu machen. Nun ist Widerspruch zwecklos.
Aber „Bäume haben keinen Wert!“ wissen wir ja nun.
Sie sorgen nur dafür, dass der Mensch Luft zum atmen hat
und sie sorgen, ganz allgemein gesprochen, für Lebensqualität.
Lebensqualität! Das ist genau das Wort, welches sich die
Stadt Warendorf groß auf die Fahne geschrieben hatte.
Neben der Lebensqualität geht uns auch wertvolle Luft zum
atmen verloren. In der Hoffnung, das Kohlendioxid werde den Bürgern
die Sinne vernebeln?
Oder bekommen wird die dann im neuen rechteckigen
„Einkaufsparadies“ aus Beton im Tetra- Pack für 99 Cent?
Denn die nächsten Schritte werden folgen und die
Historische Ruine wird als nächstes dem Erdboden gleich gemacht.
Mit Sicherheit wieder über Nacht.
Und als Eröffnungsangebot gibt’s ein halbes Schwein, auf
Wunsch zerlegt, das Kilo für 2, 49 €.
Warendorf schafft sich ab.
Der letzte macht bitte das Licht aus.
Mein Vorschlag für den Zusatz auf den Ortsschildern:
Warendorf - Stadt der Supermärkte