Im
Februar dieses Jahres stellte der Heimatverein Warendorf in einem Brief
an den Bürgermeister den Antrag, das Grabdenkmal der Familie Dr. Kaloff
in die Denkmalliste einzutragen. Den Anstoß dazu gab ein kleines Schild
auf dem Grab, das auf den Ablauf der Nutzungsrechte hinwies. Wird in
einem solchen Fall dieses von eventuell noch lebenden Nachfahren nicht
verlängert, wird die Grabstelle aufgegeben und der Grabstein wird zum
Schreddern gegeben. Damit werden nicht nur Erinnerungen an Menschen
ausgelöscht, es werden auch historische und kunstgeschichtlich
bedeutende Zeugnisse unserer Friedhofskultur für immer beseitigt. Um
diesen drohenden Verlust spürbar werden zu lassen, sollen einige
besonders herausragende Grabanlagen vorgestellt werden:
Sanitätsrat Dr. Johannes Kaloff (1862-1930) war ein beliebter
Warendorfer Hausarzt, der für die Bürger Tag und Nacht zu sprechen war.
Er verlor beide Söhne im Ersten Weltkrieg, seine Frau starb 1946, seine
Tochter 1976. Mit ihr starb die Familie aus. Die beeindruckende
Grabanlage hält die Erinnerung an schwere Zeiten und Schicksale wach und
ist Mahnung für die Lebenden.
Die Begräbnisstätte der Familie Kaloff, errichtet im
strengen neo-klassizistischen Stil der 30er-Jahre, ist zugleich
ein Beispiel für Friedhofsmonumente vergangener Zeiten, die der
Heimatverein für erhaltenswert hält. Eugenie Haunhorst[1]
hat in ihren Lebenserinnerungen zu den hier beerdigten bedeutenden
Warendorfern und zur Entstehung der Grabanlagen lesenswerte Beiträge
geschrieben. So ließ sich die Goldschmiede-Familie Miele eine Gruft
mauern, die von einer schweren Eisenkette umgrenzt wird. Das Grabmal aus
italienischem Marmor zeigt die Kreuzigungsszene, umrahmt von schwarzem
Granit.
Bürgermeister Wilhelm Diederich erhielt bei seinem Tode 1910
als Dank von der Stadt eine Gruft mit einem aufwendig gearbeiteten
Eisengitter. (Die Grabstätte ging später in den Besitz der Familie
Lepper über.) Bei anderen Gräbern wurden eiserne Ketten und Gitter
während der Kriegszeit entfernt und einer anderen Verwendung zugeführt.
Viele
Friedhofskreuze, Grabsteine und Monumente legen Zeugnis des christlichen
Glaubens ab. „Er ist auferstanden“ ist unter dem Relief auf dem
Grabstein der Familie Kaloff zu lesen. Es zeigt die Engel und die Frauen
am leeren Grab Jesu. Andere Inschriften, den Älteren vertraut und
tröstlich, geraten in ihrer Bedeutung langsam in Vergessenheit: R. i. P.
, Alpha und Omega (Foto 5), die ebenfalls ursprünglich griechischen
Buchstaben X, P und J, H, S für Christus und Jesus; die
Symbole Kreuz, Anker und Herz für Glaube, Hoffnung und Liebe, die
Kreuzinschrift INRI u.a. Sie sind ein Stück Friedhofskultur, die
verlorenzugehen droht.
Mit
den alten Grabsteinen und ihren Inschriften geht auch die Liebe zum
Detail verloren. Spärlich verzierte Grabsteine, in Größe und Form
genormt, teilen uns heute auf polierter Marmorfläche oder auf
rauem Granit lediglich Name und Lebensdaten mit. Reichlich
verziert dagegen sind die Steine vergangener Zeiten. Sie scheinen eine
beschwingte Zuversicht auszudrücken und heben sich wohltuend von den oft
düsteren Blöcken auf neueren Gräbern ab.
Traurig dagegen stimmen die Grabsteine, die in den Jahrzehnten
unter den Witterungseinflüssen gelitten haben, so dass Inschriften und
Ornamente kaum noch zu erkennen sind . Sie dürften nicht mehr zu retten
sein.
Den Friedhof auf der Breiten Straße gibt es seit 1890. Seine
Vorgänger waren der Friedhof am Osttor, 1812 angelegt, von dem nur noch
die Stele zum Gedenken an Franz-Joseph Zumloh (1764-1854), den Stifter
des Krankenhauses, übriggeblieben ist, und die Kirchplätze um die
Laurentius- und Marienkirche. Auf dem Kirchhof an der Marienkirche fand
1813 die letzte Beerdigung statt. Auf dem Kirchhof der Laurentiuskirche
wurden bis 1678 auch Sassenberger begraben, „bis der Ort 1678 zur
eigenen Pfarrei erhoben wurde“[2].
Das Sassenberger Kreuz in der Kirche erinnert daran.
Über die jüdische Gemeinde Mitte des 15. Jahrhunderts schreibt
Zuhorn, dass sie „so klein gewesen sein wird, dass sie kaum eine
Synagoge und einen Friedhof besessen“ hat.[3]
Mit dem Anwachsen der Gemeinde im 17. Jahrhundert, so vermutet Zuhorn,
„begruben sie ihre Leichen außerhalb der Wälle an abgelegenen Orten“[4],
„vielleicht auch in ihren Gärten“[5].
1772 wurde für die jüdische Gemeinde ein Begräbnisplatz am Bentheimer
Turm angelegt, der 1823 geschlossen wurde, da sich innerhalb der
Ortschaften keine Friedhöfe mehr befinden durften. Die Gemeinde bekam
ein Grundstück an der Gerberstaße zugewiesen, auf dem 1987 mit Hugo
Spiegel der letzte Warendorfer jüdischen Glaubens beerdigt wurde. Vor
allem hier besteht die Verpflichtung, die Grabsteine, die Gedenktafel
und die gesamte Begräbnisstätte in einem würdigen Zustand zu erhalten.
Es sei noch erwähnt, dass bis zum 16. Jh. Im Norden der Stadt
ein Friedhof existierte, „der Fremden, Unterprivilegierten, aber
zeitweise auch den in der Stadt lebenden Reformierten als Grablege
diente“.
[6]
„Die Kultur eines Volkes wird auch danach beurteilt, wie es
seine Toten bestattet“[7].
Dieser Gedanke sollte uns leiten, wenn es um den Erhalt der Friedhöfe
und ihrer Grabdenkmäler geht.
[1] Eugenie Haunhorst, Vom Kirchhof zum Friedhof, Manuskript , Warendorf 2003
[2] R. Jüstel, Kirchengeschichte Warendorfs …, in: Gesch. der Stadt Warendorf, hrsg. v. P. Leidinger, Bd.1, Warendorf 2000, S. 424
[3] W. Zuhorn, Kirchengeschichte der Stadt Warendorf, Bd. I, Warendorf (Schnell) 1918, S. 391
[4] W. Zuhorn (s. 3), S. 392
[5] W. Zuhorn (s. 3), S. 394
[6] P. Leidinger, Von der Stadtmark zum Stadtnebenzentrum, in: Warendorfer Schriften, 1/1971, S. 1
[7] Untertitel des Buches „Du fehlst mir…“, hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Friedhof, Ulm 2008
1. Umschlagseite
Der Warendorfer Friedhof in Bildern
Ein Rundgang über den Warendorfer Friedhof
Das Grabdenkmal der Familie Kaloff
Die Grabstätte der Familie Hanewinkel
Das Grabmal des Künstlers Heinrich Friederichs
Die Grabstätte der Familie Miele
Die Grabstätte der Familie Veltmann
Die Grabstätte des Bürgermeisters Diederich