Teil
2: Die Jahre von 1946 bis 2006
Der Präsident Willi van Essen aber wurde
getragen von energischem Durchhaltewillen.
» Ein Krieg ist vorbei. Ein Krieg, der
die Welt in ihren Grundfesten erzittern ließ,
der das Blut von Millionen Menschen gekostet
hat, der Dörfer und Städte in Schutt und Asche
legte.«
So beginnt der Bericht des Jahres 1946.
Am Karnevalssamstag trafen sich sechs
altgediente Karnevalisten privat bei Theo
Avenstrodt, um erste Zukunftspläne zu schmieden.
Noch war man aber nicht bereit, diese Pläne nach
außen zu tragen, zumal viele der Kameraden
gefallen waren. Dieses Gremium stellt somit auch
die Geburtsstunde des Senats dar, da bis vor dem
2. Weltkrieg der Elferrat die ausübende Macht
des Vereins darstellte.Wurden 1947 schon Anfänge
gemacht, die geeignet waren, den Karneval in
Warendorf wieder zu beleben, so schien im Jahr
1948 schließlich schon lange vor der Session der
Karnevalsgedanke aufzuflammen. Die WaKaGe hielt
sich jedoch zurück. Der Senat war sich einig,
dass der Karnevalsgedanke erst mehr in der
Bevölkerung zünden müsse. Der Wille zum Karneval
müsse aus der Bevölkerung kommen. Im Nachhinein
betrachtet: ein gelungener strategischer
Hier taucht erstmals der Name Richard
Winkels auf, der sich in den folgenden
Jahrzehnten mit unbändigem Elan für die WaKaGe
und für den Karneval in Warendorf insgesamt
einsetzen sollte. Unter seiner Regie konnte sich
der Karneval endgültig etablieren. Jährlich
fanden immer größere und prächtigere
Rosenmontagszüge statt, und auch der
Saalkarneval eilte, besonders natürlich auf den
Prinzenproklamationen, von Höhepunkt zu
Höhepunkt. 1963 wählten ihn die Aktiven zu ihrem
Präsidenten.
So wundert es auch nicht, dass die WaKaGe größer wurde. Hatte sie schon immer gute Büttredner und Sänger, so sollte in der Session 1969/1970 ein weiteres Aushängeschild hinzukommen. Unter der Leitung von Renate Günnewig hatten acht junge Mädchen einen Gardetanz einstudiert, der auf der Prinzenproklamation aufgeführt wurde und tosenden Applaus bekam. Das Ballett war geboren und mit viel Fleiß und Freude am Tanz wurde diese Truppe bereits im Jahre 1973 Westfalenmeister und Zweiter der Deutschen Meisterschaft. Zwischenzeitlich ist diese Abteilung auf 108 Mädchen und Frauen, die den karnevalistischen Tanz trainieren, angewachsen. Zahlreiche Siegerplätze, Pokale und Urkunden zieren diesen unaufhaltsamen Weg nach oben.
Aber auch die männliche Jugend wurde rechtzeitig
eingebunden. In Warendorf hatte sich 1968 unter
der Führung von Otto Strotmeier eine Gruppe
Jungkarnevalisten, die JUKA 441,
zusammengefunden, die Karnevalsfeste für die
Jugend organisierte. Warum sollten sie nicht
unter dem Dach der WaKaGe mitmachen? Nach zähen
Verhandlungen kam man im Jahre 1975 überein, die
JUKA als weitere Formation in die Reihen der
WaKaGe aufzunehmen. Wie klug diese Entscheidung
war, zeigt sich heute: Wenn andere
Gesellschaften oder Vereine überaltern,
vergreisen und Nachwuchsmangel signalisieren,
hat die WaKaGe bereits den Nachwuchs und somit
potentielle Führungskräfte in ihren eigenen
Reihen. Im heutigen Senat sind allein drei
Positionen durch ehemalige JUKA- Mitglieder
belegt.
Eine Formation wurde bisher in der
Chronik noch nicht erwähnt, weil ihr ein
besonderer Abschnitt zuteil werden soll. Denn
mit der Geschichte der WaKaGe ist untrennbar
auch der Werdegang des Elferrates verbunden.
Diese Formation aus dem Jahre 1889 hat ganz
entschieden die Geschicke der WaKaGe gestaltet.
Zu damaliger Zeit war es nach den
Überlieferungen so, dass vor allem die Wirte
Sitzungen und Bälle veranstalteten - auch damals
wohl schon ein gutes Geschäft. Das erste Mal
meldete sich in Warendorf ein Elferrat am 16.
Februar 1889 in einer Anzeige zu Wort und lud
zur „Ersten großen Gala-Damensitzung" ein. Ja,
wenn das kein gutes Omen war, zumal man
berücksichtigen muss, dass die Damen zu
damaliger Zeit wenige Rechte hatten.
Der Elferrat war das zentrale Gremium
und die treibende Kraft in dem Verein. Auszüge
aus der ersten Satzung von 1912 belegen:
§6
Der Elfer-Rat führt die Geschäfte des
Vereins und wählt unter sich seinen
Vorsitzenden...
§7
Sämtliche karnevalistischen
Veranstaltungen müssen in gesetzlich und
sittlich erlaubter Weise gehalten werden und
werden von dem Elfer-Rat streng überwacht. Ein
jedes Mitglied unterwirft sich den Anweisungen
und Vorschriften des jeweiligen Elfer-Rats und
erkennt diesen Status als für sich verbindlich
durch eigenhändige Unterschrift an.
Nach dem Kriege sollte nur noch zweimal
der Karneval ausfallen, wobei diese Absagen
durch die Verantwortlichen in der Bevölkerung
großen Respekt erfuhren:
1962 wurde der Norden, insbesondere
Hamburg, von einer Sturmflutkatastrophe
heimgesucht, die Hunderte von Menschen das Leben
kostete und Tausende obdachlos machte. Wahrlich
keine Zeit zum ausgelassenen Feiern.
1991,
wenige Tage vor der Prinzenproklamation, kam es
zum Golfkrieg und jedem war klar, dass nun
keinem zum Feiern zu Mute war. Kurzfristig sagte
die WaKaGe alle Termine ab.
Im Jahre 1992 sollte eine Ära zu Ende
gehen, die seines Gleichen sucht. Richard
Winkels, der den Verein seit 30 Jahren geführt
hatte, übergab das Präsidentenzepter an seinen
Vizepräsidenten und Hofmarschall Willi Schöning.
Auch der unermüdlich für die Gesellschaft
arbeitende Franz Buxbaum zog sich aus der
vorderen Linie zurück. Bis zu seinem Tod war es
aber für ihn die größte Herausforderung, an dem
Archiv der WaKaGe zu arbeiten. Wenn die WaKaGe
heute eine Vereinschronik hat, die ihresgleichen
sucht, so verdankt sie es ihrem Archivar Franz
Buxbaum.
Aber auch den Neuen im Senat unter Willi
Schöning war klar, dass sie sich nicht auf den
Lorbeeren ihrer Vorgänger ausruhen konnten.
Manche neuen Ideen wurden eingebracht, der
Verein musste sich den Herausforderungen der
modernen Kommunikation und dem schnelllebigen
Zeitgeist - unter Bewahrung der
karnevalistischen Tradition - stellen. Dieses
gelang den Senatoren in den letzten Jahren
bravourös, so dass zuversichtlich in die Zukunft
geschaut werden kann.
Bilder: Archiv der Warendorfer
Karnevalsgesellschaft (c) 2007