Vergangene Pracht: Die allegorischen Figuren aus der „Villa Sophia“
von Mechtild Wolff

 

 Am fast unbesiedelten Emstor baute der Warendorfer Textilfabrikant Eduard Wiemann und seine Gemahlin Sophia um 1870 eine prächtige Villa im spätklassizistischen Stil. An der Freitreppe begrüßten den Besucher zwei 160 cm große allegorische Figuren, die Göttin der Kunst und Musik und die Göttin der Dichtkunst und Literatur. Zwei kleinere, 130 cm große Musen schmückten die Ecken der Balustrade. Die „Villa Sophia“ war mit prachtvollen Räumen und Stuck verzierten Sälen im Stil des Rokokos und des Empire ausgestattet und bot viele Jahre lang den Rahmen für ein glanzvolles gesellschaftliches Leben und bereicherte Kunst und Kultur in Warendorf.

Zur Alten Ems hin legten bekannte Gartengestalter einen repräsentativen Park   nach englischem Vorbild an. Kurz vor der Jahrtausendwende wurde hier im Park ein Mausoleum erbaut, in dem 1898 und 1903 Eduard und Sophia Wiemann beigesetzt wurden.

Nach dem Tod des kinderlosen Ehepaars ging der Besitz per Erbschaft an die Clemensschwestern über mit der Verpflichtung, das Haus in seiner hohen künstlerischen Ausstattung zu erhalten. Das „Sophienstift“ wurde fast 70 Jahre lang ein Pflegeheim für alte und kranke Ordensfrauen.

Nach dem Abzug der Clemensschwestern 1972 erwarb die Stadt Warendorf zum symbolischen Kaufpreis von einer DM die Villa, die zwar renovierungsbedürftig war, sich aber im ursprünglichen Erhaltungszustand befand. Bedauerlicherweise entschied sich der Rat Stadt Warendorf 1974 dazu, das Sophienstift abzureißen. Der Protest einiger Ratsmitglieder und Bürger hatte keinen Erfolg. Ein Denkmalschutzgesetz gab es noch nicht. Eine Chance für Warendorf wurde vertan. Sogar das Mausoleum im Park wurde beseitigt. Heute erinnert nur noch ein schlichter Findling im Sophienpark an das Fabrikantenehepaar Wiemann.

 Göttin der Dichtkunst in der Villa SophieGöttin des Handwerks in der Villa SophieGöttin der Heilkunst in der Villa SophieGöttin der Kunst und Musik in der Villa Sophie

Einzig die vier allegorischen Figuren und die Bronzehirsche aus dem Garten konnten gerettet werden. Sie wurden eingelagert und vergessen.

15 Jahre später forschte Ratsfrau Eugenie Haunhorst nach ihrem Verbleib und entdeckte sie im Bauhof, gut gehütet, aber eingestaubt und stark beschädigt. Das Westfälische Amt für Denkmalpflege in Münster stufte die Figuren im griechisch-römischen Stil als wertvoll ein.

Die allegorischen Figuren wurden vor über 100 Jahren von der Firma Marche in Berlin Charlottenburg aus Ton gefertigt, in einem Guss- und Blasverfahren.

Der Restaurator Willi Wienstroer aus Freckenhorst bekam die schwierige Aufgabe, die Figuren wieder in ihren Originalzustand zu versetzen. Abgebrochene Köpfe und Finger wurden wieder angesetzt, beschädigte Sockelstücke und Gewandteile fachmännisch ergänzt, sodass die Figuren wieder standfest wurden. Andere fehlende Teile wurden nicht ergänzt, da keine gesicherten Erkenntnisse über das Aussehen vorlagen. Die Hauptarbeit des Restaurators lag im Reinigen der Figuren von Staubablagerungen und später aufgetragenen Farbschichten.

Einen schönen Platz fanden die vier allegorischen Figuren im Januar 1990 im gerade neu gestalteten Veranstaltungssaal der Volkshochschule an der Kurzen  Kesselstraße.

 

Wissenswertes über den Sophienstift ...klicke hier

Bilder: Mechtild Wolff
(C) Mechtild Wolff 2008


 

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