Vor über 30 Zuhörern folgte Dr. Ekkehard Gühne in einem Vortrag
des Heimatvereins Warendorf dem Lebensweg des Siegmund Cohen, Ehemann
der Warendorferin Helene Elsberg, und seiner Familie. Siegmund Cohen,
aus Kleve stammend, zog 1914 nach einem Aufenthalt in Russland mit
Ehefrau und Kindern nach Warendorf.
Die Kinder Otto, Kurt und Anni besuchten in Warendorf das
Laurentianum bzw. die Marienschule. Kurt Cohen studierte nach dem Abitur
Medizin, promovierte 1933 und emigrierte nach der Machtübernahme der
Nationalsozialisten wegen deren judenfeindlichen Politik nach Südafrika.
Der Bruder Otto brach ein Jurastudium ab, verlor als Jude bereits 1933
seine Stelle in einem Industriebetrieb und ging nach manchen
Zwischenstationen in den Kibbuz „Givat Brenner“ südlich von Tel Aviv im
damals britischen Mandatsgebiet Palästina. Anni Cohen emigrierte 1938
mit ihrer Mutter zu ihrem Verlobten Gustav Klöckner in Südafrika. Als
Jüdin hätte sie ihren nichtjüdischen Verlobten aufgrund der Nürnberger
Rassegesetzte in Deutschland nicht heiraten können. Der Vater Siegmund
Cohen, der ebenfalls mitkommen wollte, erlitt kurz vor der Ausreise auf
dem Emdener Bahnhof einem Herzinfarkt und verstarb dort.
Dr. Ekkehard Gühne beleuchtete dann die Kontakte der
Geschwister Cohen nach Krieg und Holocaust zu früheren Mitschülern in
Warendorf und Umgebung, insbesondere den umfangreichen Briefwechsel von
Otto Cohen mit dem Mitabiturienten Josef Beckmann.
Ein Bild aus friedlichen Zeiten:
Anni Cohen 1927 als Marienschülerin, zusammen mit Georg Hagedorn,
Eugenie Göcke und Anneliese Beste v.r.
In den Lebenswegen der Familie Cohen spiegelt sich nicht nur
ein Stück Warendorfer Geschichte, sondern auch ein guter Teil des 20.
Jahrhunderts, dessen Schattenseite vielen Menschen schmerzliche Schritte
aufzwang, insbesondere Juden.
Der Kaufmann Siegmund Cohen kommt aus Kleve, heiratet die
Warendorferin Helene Elsberg, verzieht nach Russland, kehrt 1914 mit den
Kindern Otto, Kurt und Anni nach Warendorf zurück.
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten beendet das
friedliche Leben. Otto emigriert nach Palästina und lebt bis zu seinem
Tode in einem Kibbuz. Kurt baut sich in Südafrika eine Existenz als
Mediziner auf.
Dorthin entkommen auch Helene Cohen und Tochter Anni mit ihrem
Verlobten,
während Siegmund Cohen auf dem Bahnhof in Emden kurz vor der
Ausreise mit einem Herzinfarkt zusammenbricht
und wenig später verstirbt.
Alle diese Stationen beleuchtet der Vortrag und kann sich dabei
auch auf Informationen von Nachfahren stützen,
die heute noch in Südafrika bzw. Israel leben.
So wird nicht zuletzt deutlich, wie die Überlebenden der
Verfolgung nach 1945 ihr Verhältnis zu ihrer alten Heimat bestimmten,
wie sie an ihr litten, aber doch versuchten, neue Brücken zu bauen.
Ich glaube, wir können uns auf einen hochinteressanten Vortrag
freuen.
Eine gute Woche wünscht Ihnen
Mechtild Wolff
für den Heimatverein Warendorf e.V.