Die absolutistischen Staaten des 18. Jahrhunderts regelte durch
mancherlei Verbote das Leben ihrer Untertanen. Ein solches Beispiel ist
ein 1766 für das Fürstbistum Münster, zu dem Warendorf gehörte,
erlassenes Verbot des Trinkens von Kaffee und Tee für die Unterschicht -
„von geringer Handthierung lebenden Unterthanen, so wie den Dienstboten
und Armen“ - und für die auf dem Lande und in Dörfern wohnenden „freien
und schatzpflichtigen Bauern, Kötter, Brinksitzer [Kleinbauern oder
Heuerlinge am Rande des Dorfes oder der Mark] und von ihrer Handarbeit
lebenden Individuen“. Begründet wurde das Verbot, das der Landesherr
Fürstbischof Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels, am 24.8.1766
auf Antrag der Landstände erließ, damit, um der „gar zu stark
eingerissenen, und auf eine verderbliche und verschwenderische Weise
fortgesetzt werdenden Thee- und Kaffee-Trinken Ziel und Maaß zu setzen“.
Das Verbot galt in und außerhalb der Wohnungen. Für Übertretungen wurde
eine Strafe von drei Reichstalern angedroht. Diese Strafe traf auch
Gastwirte, die diesem Personenkreis Tee oder Kaffee ausschenkten. Das
Verbot galt nicht für wohlhabendere Bürger, den Adel und die
Geistlichkeit. Ein kleines Hintertürchen räumte der Landesherr Auch für
die Unterschicht ein: Der vom Verbot betroffene Personenkreis konnte
jährlich für zwei Reichstaler, die in die Landeskasse flossen, einen
Erlaubnisschein für die gesamte Familie lösen. Es wurde
bestimmt, dass schon der bloße Besitz von Kaffee oder Tee und des dafür
notwendigen Geschirrs ebenfalls mit drei Reichstalern Strafe belegt war.
Wer die Übertretung dieses Verbotes anzeigte, erhielt ein Drittel der
verhängten Strafe. Es wurde auch bestimmt, dass Kaufleute
Geldforderungen für an diesen Personenkreis verkauften Kaffee und Tee
nicht einklagen konnten.
Dieses Verbot – „zum Besten der Unterthanen“ - geschah nicht,
um die Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen. Dann hätte
man generell den Kaffee- und Teegenuss verbieten müssen. Es ging bei der
damals herrschenden Wirtschaftspolitik des Merkantilismus darum, zu
verhindern, dass für die aus fernen Ländern kommenden Dinge sehr viel
Geld ins Ausland abfloss. Dabei mag auch die Überlegung mitgespielt
haben, Minderbemittelte davor zu bewahren, ihr Geld für teuren Kaffee
oder Tee auszugeben. Nach dem Ratsprotokoll vom 21.2.1772 wurde vom
Warendorfer Rat verfügt, dass den Armen die Almosen, die teils aus Brot
und teils aus Geld bestanden, am Sonntag nachmittags erst nach der
Christenlehre auszuteilen seien, um einmal diesen Personenkreis zum
Besuch der Christenlehre anzuhalten und ihnen dadurch den Anlass zu
nehmen, die Gelder für Tee oder Kaffee auszugeben.
Auf merkantilistischen Überlegungen beruhte auch, dass bei der
Bestätigung der Rolle des Krameramtes 1632 Fürstbischof Clemens August
von Bayern den Warendorfer Kaufleuten den Handel mit verschiedenen
Importwaren wie z.B. Seide, ausländischen Strümpfen, Kaffee, Tee,
Zucker, Safran, Ingwer und anderen Spezereien aus fremden Ländern
verbot. Auch in anderen Staaten waren solche Kaffeeverbote erlassen
worden. So war für das zum Kurfürstentum Köln gehörende Herzogtum
Westfalen, das das sogenannte Kölnische Sauerland umfasste - im
Wesentlichen der heutige Kreis Olpe und der Hochsauerlandkreis -, am
23.12.1766 vom Kurfürsten Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels,
der gleichzeitig Fürstbischof von Münster war, den Gewerbetreibenden der
Groß- und Einzelhandel mit Kaffee sowie allen Bürgern, Bauern, Arbeitern
und den Dienstboten der Genuss von Kaffee unter Androhung von
Geldstrafen verboten worden. Gleichzeitig wurde befohlen, alles
Kaffeegeschirr abzuschaffen. Auch hier gab es Ausnahmen für die „höheren
Stände“, denen der Bezug von Kaffee aus dem Ausland und dessen mäßiger
Genuss für sich und ihre Kinder gestattet wurde. Da diese Verordnung und
eine ähnliche 1767 für das Vest Recklinghausen erlassene Verordnung, die
das Kaffee- und Teetrinken einschränken sollten, keinen Erfolg hatten,
wurde 1770 der Verkauf und Genuss des Kaffees wieder erlaubt. Es hatte
nur jeder Einwohner höheren Standes jährlich einen Erlaubnisschein für
vier Taler zu lösen. , da es wohl keine Wirkung hatte.ie ärmeren
Einwohner hatten vierteljährlich einen Taler für die Erlaubnis zu
zahlen, Kaffee trinken zu dürfen. Im Jahre 1781 wurde, um dem „sehr
stark eingerissenen Uebel des Kaffeetrinkens zu steuern“ für das
Herzogtum Westfalen und für das Vest Recklinghausen jeder Handel mit
rohem und geröstetem Kaffee sowie das Ausschenken von Kaffee unter
Androhung von Geld- und Zuchthausstrafen verboten. Die Einfuhr von
Kaffee war nur in Mengen von mehr als 50 Pfund, die nicht von mehreren
Personen bezogen und geteilt werden durften, erlaubt. Hausfrauen wurde
untersagt, ihren Dienstboten das Kaffeetrinken zu erlauben.
Auch den preußischen König Friedrich II. ärgerte es, dass für
Kaffee jährlich mehr als 700.000 Taler ins Ausland flossen. Da auch eine
hohe Besteuerung keine Wirkung zeigte, wurde 1781 angeordnet, dass mit
Ausnahme des Adels, der Geistlichkeit, des Militärs und der höheren
Beamten die Bevölkerung nur von eingerichteten staatlichen
Kaffeebrennereien gerösteten Kaffee in amtlich verschlossenen Büchsen
zum Preis von einem Taler für 24 Loth [ein Loth entsprach ca. 16 Gramm]
erwerben konnten. Zur Überwachung des Verbotes, selbst Kaffee zu rösten,
wurden Steuerbeamte, meist Kriegsinvaliden, eingestellt, im Volksmund
„Kaffeeriecher“ genannt, die auf den Straßen nach dem Duft von
geröstetem Kaffee fahndeten. Diese Kaffeeriecher hatten das Recht, in
den Häusern nach ungeröstetem und unversteuertem Kaffee zu suchen.
Preußische Kaffeeriecher im Einsatz, Gemälde von L.
Katzenstein, aus: Die Gartenlaube, Jahrgang 1892, Heft 8, S. 257,
hier aus Scans bei Commons
Nur gelegentlich findet man etwas über Kaffee und Tee in den
Warendorfer Ratsprotokollen. Im Jahre 1749 trug der Imposteneinnehmer
Cloedt [Imposten = städtische Einfuhrabgaben] dem Rat vor, dass ein Jude
Jakob, versucht habe, für einen Sack von über 100 Pfund Kaffeebohnen die
fälligen Akzisen zu hinterziehen. Jakob gestand es. Der Rat schlug ihm
einen Vergleich vor. Bis dahin nahm man die Kaffeebohnen im
Rathaus in Verwahrung. Im Jahre 1741 scheint ein Händler aus Rheda
Akzisen für Tee hinterzogen zu haben. Er übergibt zumindest vier
Reichstaler Strafe und bittet in der Ratssitzung vom 8.3.1741
Bürgermeister und Rat, ihm die Hälfte der Strafe zu erlassen.
Durch eine landesherrliche Anordnung vom 6.12.1785 wurde im
Fürstbistum Münster das Verbot des Tee- und Kaffeetrinkens wieder
aufgehoben, da es wohl keine Wirkung hatte.
J.J. Scotti, Sammlung der Gesetze und Verordnungen, welche in dem
Königl. Preuß. Erbfürstentum Münster und ... über Gegenstände der
Landeshoheit, Verwaltung und Rechtspflege ergangen sind, Münster, 1842
Ratsprotokolle und Kämmereirechnungen der Stadt Warendorf, Bände 9,
10, 11 der Warendorfer Geschichtsquellen
F. Ebertyx, Geschichte des Preußischen Staates, 5. Band, Breslau
1870, S. 33