„Der Gang nach Canossa war und
ist anstrengend“
Heimatverein besuchte Ausstellung in Paderborn
„Der Gang nach Canossa war und ist anstrengend.“ Mit diesen
Worten verabschiedete Norbert Funken, Vorsitzender des Heimatvereins,
schmunzelnd die über 40 Perso-nen umfassende Gruppe auf ihrem Heimweg
von der Tagestour nach Paderborn. Dort hatten sich die Teilnehmer nach
einer Altstadtbesichtigung und einer dreistündigen Mittagspause durch
die große Ausstellung „Canossa 1077 – Erschütterung der Welt.
Geschichte, Kunst und Kultur am Aufgang der Romanik“ führen lassen.
Dunkel ist es im Museum in der Kaiserpfalz. Gleich hinter dem
Eingang zieht sich ein schma-ler Pfad zwischen weiß getünchten
Pappwänden, die die schneebedeckten Alpen darstellen. Sehr viele
Besucher imaginieren an diesem Samstag den Weg zur Burg Canossa in
Oberita-lien, den Kaiser Heinrich IV. im Januar 1077 gegangen ist, um im
Büßerhemd von Papst Gre-gor VII. vom Kirchenbann gelöst zu werden. Dicht
gedrängt versuchen viele einen Blick auf die hinter Glas ausgestellten
Überreste zu werfen und die zum Verständnis notwendigen Er-läuterungen
zu lesen. Doch aufgepasst! Eingetaucht in diese dem heutigen Menschen
fremde Welt sieht man sich plötzlich von einer Gruppe umgeben, deren
Gesichter man noch nie gese-hen hat. Jetzt heißt es handeln und so
werden schnell herausragende Objekte gestreift wie die um 1115
entstandene Vita der Mathilde von Tuszien (Toskana) aus der Biblioteca
Apostolica Vaticana. Von der Existenz anderer bedeutsamer Überreste wird
man gar nicht oder später erfahren, falls im Museumsshop der aufwändig
gestaltete Katalog für 75,00 € wird erworben worden sein. Endlich wird
die eigene Gruppe wieder gesichtet, die sich unverändert zäh in all dem
Gedränge bewegt, - und dann sind 120 Minuten um und die bezahlte Führung
auch, be-vor man am dritten Ort, der Städtischen Galerie Am Abdinghof,
die für manchen wohl inte-ressanteste Thematik erfahren kann: Wie hat
man im19./20. Jahrhundert Canossa gesehen?
Erschöpft von der Fülle der Eindrücke sind auf der Rückfahrt im
Bus Kommentare zu hören: „Eine sehr interessante Ausstellung. Die Fahrt
hat sich gelohnt. Doch ist es Fehlplanung oder Profitgier, dass man so
viele Gruppenführungen angenommen hat?“
Die Hochmittelalterausstellung ist noch bis zum 5.November 2006
in der Paderstadt. Wer hinfährt, tut gut daran, es an einem Werktag zu
tun.
(c) Beatrix Fahlbusch 2006