Am
21. Dezember stellte wegen der coronabedingten Kontaktbeschränkungen und
Abstandsregeln nur der Schriftleiter der Warendorfer Schriften, Wolfgang
Reisner, allein den neuesten Band 49/50 den Warendorfer
Tageszeitungen vor. Im Jahre 1971, also fast vor 50 Jahren erschien der
erste Band der Warendorfer Schriften, ein schmales Heft von 22 Seiten
mit einem Aufsatz von Dr. Paul Leidinger über die Entwicklung des
Warendorfer Stadtteils „Vor dem Emstor“
Der jetzige Band 49/50 deckt auf 272 Seiten ein breites
Spektrum der Geschichte Warendorfs und von Warendorfer Bürgern ab. Es
beginnt mit einem umfangreichen Aufsatz von Dr. Bernward Fahlbusch zu
der Frage, ob Warendorf eine Hansestadt war. Prof. Leidinger greift
noch einmal die Frage auf, ob es eine Schifffahrt auf der Ems bis
Warendorf und einen Hafen hier gab. Von dem verstorbenen
stellvertretenden Vorsitzenden des Heimatvereins, Dr. Ekkehard Gühne,
werden aus dem Nachlass leider nicht vollendete Forschungen zu Dr.
Katzenberger, den Erbauer des Hauses Klosterstraße 7, veröffentlicht.
Prof. Leidinger ergänzt diese mit Ausführungen zu den Heiratsbeziehungen
zwischen den Familien Katzenberger, Ostermann und Brinkhaus. Von
Wolfgang Reisner werden einige andere Aspekte aus dem Leben von Vater
und Sohn Katzenberger – Honorareinzug durch Zwangsversteigerung und
Obduktion von Leichen – hinzugefügt.
Pater Neufeld SJ steuert wie in jedem Band Beiträge zur
Wallfahrt aus dem Osnabrücker Land nach Warendorf und über den
Warendorfer Jesuiten Dr. Franz Rensing, einen Freud des Kardinals von
Galen bei. Rolf Hartmann erinnert an das Gasthaus und den Tennisplatz
auf dem Hof Lippermann.
Der Tennisplatz bei der
Kaffeewirtschaft Lippermann auf einer Ansichtskarte von Anfang des
vorigen Jahrhunderts
Ein Beitrag von Norbert Funken befasst sich mit dem
kurzfristigen Aufenthalt der Schwestern vom heiligsten Herzen Jesu Ende
des 19. Jahrhunderts in Warendorf, ehe sie sich in Münster-Marienthal
niederließen.
Mechtild Wolff befasst sich Eduard Elsberg sowie mit Anni Cohen
und ihrer Familie. Eine Schülerin, Ronja Waldhauer, geht den Spuren des
Bruders von Eduard Elsberg, Karl Elsberg und dessen wechselvollem
Schicksal im Dritten Reich nach.
Klaus Gruhn zeichnet die Geschichte des Aufbaugymnasiums nach.
Mechtild Wolff erinnert an die Warendorfer Originale, den Komponisten
Kuno Stierlin und Änneken Kunze mit ihrem Kaufhaus an der Emsstraße. Von
den verstorbenen Wilhelm Veltman und Hermann Tanger wird eine Chronik
der Altstadtfreunde aus den ersten vier Jahren des jetzt 40-jährigen
Vereins veröffentlicht. Irmengard Walzer erzählt die Geschichte der
UNICEF-Gruppe Warendorf.
Der erste Vorsitzende der
Altstadtfreunde Warendorf, Wilhelm Veltman,
bei einem der vielen Arbeitseinsätze des Vereins zur
Rettung alter Häuser
Im Jahr 2020 endete vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg. Prof.
Leidinger gibt den Forschungsstand für Warendorf nach dem Kriegsende
wieder. Dr. Gaby Flemnitz untersucht die Ermordung sowjetischer
Zwangsarbeiter 1945 in Lippermanns Knäppen. Aus den amerikanischen
Kriegsgefangenenlagern Bad Kreuznach und Bretzenheim, die zu den
berüchtigten Rheinwiesenlagern gehörten, wird ein Tagebuch eines
Warendorfers veröffentlicht zusammen mit Zeichnungen von Wilhelm
Götting, der ebenfalls 1945 in beiden Lagern gefangen war. Es schließen
sich Nachrufe, Mitteilungen und Buchbesprechungen an.
Der Band, den die Mitglieder des Heimatvereins bereits als
Jahresgabe erhalten waren, ist im Warendorfer Buchhandel zum Preis von
15,-- € erhältlich. Er kann auch vom Heimatverein bezogen werden.
Zusammen
mit den Warendorfer Schriften erhielten die Mitglieder des Heimatvereins
den Warendorfer Kiepenkerl, das jährlich vom Heimatverein und dem
Kammermusikkreis Warendorf herausgegebene Forum für Heimat- und
Denkmalpflege. Der Inhalt des 72. Heftes umfasste neben einem Beitrag
von Dr. Reinhold Schoppmann zum 150. Galeriekonzert ein Märchen von
Klaus Ring „Stadt, Insel, Fluss“ zur Diskussion um die Folgenutzung der
Emsinsel, einen Bericht von Mechtild Wolff über die Veranstaltungen des
Heimatvereins im Jahre 2020 und die Einladung zur Jahreshauptversammlung
2021 des Heimatvereins. Den größten Seitenumfang nahm ein Beitrag
von Wolfgang Reisner über Pest, Pocken, Covid 19 und andere Seuchen in
unserer Heimat einst und jetzt ein. Ergänzt wurde dieser Aufsatz um
Ausführungen von Beatrix Fahlbusch zum früheren Pestdiek in der Lage des
heutigen Amtsgerichtes, einer 1667 für Pestkranke errichteten Baracke.
Quarantäne, Kontaktbeschränkungen, Einreise- und
Handelsbeschränkungen kannte man auch früher beim Ausbruch von Seuchen.
Als in Warendorf 1616 die Pest herrschte, verbot die Freckenhorster
Äbtissin aus Angst vor Ansteckung den Freckenhorstern, in Warendorf
Brot, Öl, Heringe und andere Waren einzukaufen. Die Pestordnung des
Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen von 1666 bestimmte, dass
Reisende aus benachbarten Ländern, in denen die Pest ausgebrochen war,
nur mit einem amtlichen Zeugnis, dass sie sich in den letzten 14 Tagen
„an gesunden orten“ aufgehalten hatten, einreisen durften.
Die Häuser Pestkranker waren mit einem Strohkranz oder einem
Kreuz zu kennzeichnen. Es bestand ein absolutes Kontaktverbot mit
Infizierten und deren Betreuern, auch durften infizierte Häuser nicht
betreten werden. Bei Übertretung wurde eine Geldstrafe angedroht, die
für die Pestkranken verwendet werden sollte. Das traditionelle
Fastnachtstreiben der Handwerksgesellen wurde eingeschränkt, beim
Pestausbruch 1666 sogar ganz verboten. Bei einem Auftreten der
Ruhr 1676 in Warendorf wurden auch Hochzeitsfeiern untersagt, die man
damals als Hotspots ausgemacht zu haben glaubte. Bei der hohen Zahl der
Toten bei der Pest wurde 1634 vom Warendorfer Rat bestimmt, dass das
sonst bei Beerdigungen übliche Blasen von den Kirchtürmen zu unterlassen
sei, um die Bevölkerung nicht zu erschrecken.
Es wird heute über Vorbehalte zum Impfen gegen Covid 19
berichtet. Solche Vorbehalte und Falschinformationen gab es auch gegen
die Pockenimpfungen Anfang des 19. Jahrhunderts. So wurde 1816 in
Münster das Gerücht verbreitet, ein Kind habe sich durch die
Pockenimpfung mit der Geschlechtskrankheit Syphilis infiziert.
Hefte des Warendorfer Kiepenkerl können noch beim Heimatverein
bezogen werden.