Viele Jahrhunderte lang hat Warendorf von der Weberei gelebt.
Gibt es noch Spuren dieser textilen Vergangenheit in unserer Stadt?
Dieser Frage ging am Sonntagmorgen eine große Gruppe
Heimatvereinsmitglieder und interessierter Bürger nach.
Die Vorsitzende des Heimatvereins, Mechtild Wolff erklärte in
der Kurzen Kesselstraße und in der Lilienstraße, dass viele dieser
Gademe früher Weberhäuschen waren. Der Webstuhl klapperte hier den
ganzen Tag und das Leinen sorgte für das tägliche Brot. 1662 gab es 400
dieser Kleine-Leute-Häuser, heute schmücken noch 60 liebenswerte Gademe
die Altstadt.
Die Firma „Anton Eickholt und Erben“ richtete 1838 eine
Faktorei an der Langen Kesselstraße ein, in der 38 Jaquard-Handwebstühle
aufgestellt waren, auf denen feinste Damast-Tischwäsche und Bettwäsche
produziert wurde. In ganz Europa war die Qualität dieses feinen Leinens
bekannt. Selbst die britische Königin Viktoria ließ sich hier ihre
Tischwäsche weben, mit dem eingewebten Bild des Kölner Domes und 1847
fertigte die Fa. Eickholt für König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen
Tischwäsche und Mundtücher in feinster Damast- und Gebildweberei an mit
dem eingewebten Namenszug der Königin und einer Abbildung von Burg
Stolzenfels am Rhein. Das war wirklich hohe Handweberkunst.
Mechtild Wolff führte die Gruppe dann zum Haus Bispinck an der
Münsterstraße. Das hochherrschaftliche Wohnhaus wurde leider abgerissen,
erhalten blieb der Alterssitz des Textilfabrikanten Christoph Bispinck
mit seinen eleganten Jugendstil-Elementen.
An der Oststraße, am Stammhaus der Familie Zumnorde, erfuhren
die Rundgangsteilnehmer, dass viele der prächtigen Bürgerhäuser von den
Textilhändlern gebaut wurden, die durch ihren europaweiten Handel mit
dem Warendorfer Leinen zu Wohlstand kamen und Warendorf zum Erblühen
brachten. Die mechanische Weberei aus England wurde aber im 19.
Jahrhundert zu einer vernichtenden Konkurrenz, sodass die einst reiche
Leineweberstadt Warendorf verarmte. Erst Hermann Josef Brinkhaus und
Eduard Wiemann änderten diese Notlage durch den Bau der ersten
mechanischen Weberei an der Kirchstraße.
Die Weber konnten nun wieder ihren Lebensunterhalt verdienen, endlich
waren die Jahre des Niedergangs vorbei. Mit der mechanischen Weberei
machte Warendorf seinem Namen als bedeutende Textilstadt wieder alle
Ehre. Das Industriezeitalter hatte auch in Warendorf begonnen!
Diese spannende Geschichte erzählte Mechtild Wolff zuerst im
Tapetensaal des Hauses Klosterstraße 7 und begann mit Dr. Katzenbergers
Tochter Maria Anna, die hier im Tapetensaal ihren geliebten Leutnant
Heinrich Ostermann heiratete und Hermann Josef Brinkhaus, der hier die
Ostermanntochter Johanna heiratete und hier eine Faktorei betrieb. In
diesem Haus wurde der Grundstein für die Firma Brinkhaus gelegt
An der Kirchstraße sind die ehemaligen Fabrikgebäuden der
Weberei „Brinkhaus und Wiemann“ und später „Wiemann und Bispinck“
eindrucksvolle Zeitzeugen. Der Rundgang endete schließlich am
Pförtnerhäuschen der früheren „Inlettweberei H. Brinkhaus“, die 1879 von
Hermann Josef Brinkhaus begründet wurde und zur größten Inlettweberei
Europas mit zeitweise über 1000 Mitarbeitern wurde.
Mit einer lebhaften Diskussion über die Zukunft der heutigen
Industriebrache endete die informative Führung, für die sich die
Teilnehmer bei der Heimatvereinsvorsitzenden Mechtild Wolff herzlich
bedankten.
Was haben diese Gebäude mit der Textilgeschichte der Stadt Warendorf
zu tun? Dieser Frage will die Vorsitzende des Heimatvereins Mechtild
Wolff bei dem Stadtrundgang „Auf den Spuren der Handweberei und der
Textilindustrie in Warendorf“ am kommenden Sonntag nachgehen.
Schon im 16. Jahrhundert war Warendorf bekannt für seine hochwertigen
Leinen- und Damastprodukte. Noch heute finden sich in der Altstadt
Spuren aus der Zeit der berühmten „Warendorfer Leinwand“, aber auch
Produktionsgebäude aus der ersten Zeit der Industrialisierung und der
Blütezeit der Warendorfer Textilindustrie. Es ist fast in Vergessenheit
geraten, dass unsere Stadt im letzten Jahrhundert zu den bedeutenden
Textilstandorten Deutschlands gehörte. Viele Familien fanden hier einen
sicheren Arbeitsplatz.
An den Originalstandorten soll am kommenden Sonntag die Geschichte
der heimischen Textilindustrie lebendig gemacht werden. Der Heimatverein
lädt zu diesem „Textilen Stadtrundgang“ herzlich ein. Die Teilnahme ist
wie immer kostenlos.