Stadtrundgang zum „ Tag des offenen Denkmals" (13. 5. 2015):
Vom Aufstieg und Niedergang der Textilindustrie
von Johannes Kleigrewe

  

Lange Zeit war Warendorf von der Textilindustrie geprägt, doch seit im Jahr 2011 die Firma Brinkhaus schließen musste, gerät dieser Teil der Stadtgeschichte immer mehr ins Vergessen. Anlässlich des „Tags des offenen Denkmals", der unter dem Motto „Handwerk, Technik, Industrie" stand, führte Mechtild Wolff interessierte Warendorfer durch die Innenstadt, um die historische Entwicklung der Textilindustrie nachzuvollziehen.
Startpunkt war die Bücherei, doch nicht etwa, um die Geschichte nachzulesen. In unmittelbarer Nachbarschaft stehen mehrere „Gadeine", Häuser der armen Bevölkerung. In diesen verarbeiteten im 17. Jahrhundert die Menschen Flachs zu Leinenballen. Diese mussten sie jedoch an die Besitzer der „Gademe", meist reichere Bürger, abgeben und finanzierten so im Prinzip die Miete. Auch die Kinder der Familie arbeiteten am Webstuhl.
Lange Zeit blieb die Textilwirtschaft in kleiner Struktur bestehen, ehe im 19. Jahrhundert durch die Firma „Eickholt" eine erste Faktorei eingerichtet wurde, in der 35 Webstühle standen. „Diese Entwicklung war dringend nötig, denn die Industrialisierung in England führte zu Auftragsverlusten für die deutschen Produzenten", berichtete Mechtild Wolff. Die Firma Eickholt konnte sich gegen die billiger produzierende Konkurrenz vor allem durch qualitativ hochwertige Arbeiten behaupten. So ließen sich unter anderem der preußische König Friedrich Wilhelm IV. und Königin Victoria in England mit Warendorfer Stoffen beliefern.
1880 konnte er sich schließlich nicht mehr gegenüber der englischen Konkurrenz behaupten.
Dass die Industrialisierung auch in Warendorf Einzug hielt, verdeutlichte Wolff an den Gebäuden der Firma Brinkhaus. An der Kirchstraße sowie auf der Emsinsel stehen noch die Gebäude, in denen ab 1847 Hermann-Joseph Brinkhaus und Eduard Wiemann die erste mechanische Weberei unterhielten. „Dabei gab es, als die Pläne veröffentlicht wurden, erst einen Papierkrieg, weil viele Menschen Angst vor der Dampfmaschine hatten, die die Webstühle antreiben sollte", berichtete Wolff. Als die gebaut worden war, begann eine erfolgreiche Zeit für die Warendorfer Textilindustrie, die auch im 19. Jahrhundert anhielt und zu deren besten Zeiten alleine die Firma Brinkhaus mehr als 1000 Mitarbeiter beschäftigt hatte. Erst als gegen Ende des Jahrhunderts die Konkurrenz aus China auf den Markt drängte, geriet der Betrieb, der sich inzwischen auf Inletts für Betten spezialisiert hatte, in Bedrängnis.
Auf den Spuren der Textilindustrie: Anlässlich des „Tags des offenen Denkmals" führte Mechtild Wolff (r.) Mechtild Wolff vom Heimatverein durch die Altstadt.

  

 

Aus: Die Glocke, Warendorf; 14. 9. 15

 

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