Warum
gibt man sich im Rat am 18.05.2017 düpiert durch die Nachricht des
Verkaufs der Industriebrache an einen Investor? Endlich Aussicht auf das
Ende von langen Jahren Stillstand! Oder? Warendorfer Insider müssen seit
längerem gewusst haben, dass das Bauunternehmen aus Steinfurt die Brache
übernehmen will und dafür grundlegende Informationen braucht. Keiner
kauft eine Katze im Sack, und zwar für etliche Millionen Euro, auf die
noch weitere Millionen wegen der Abwicklung der industriellen
Vorbelastung draufzuschlagen sind. Seit Jahren wünscht sich doch eine
Ratsmehrheit einen Investor, der auf der Emsinsel baut. Rechnet sich für
den Investor das Projekt mit weniger oder mehr hochwertigen 100
Wohneinheiten, damit die Rendite stimmt? Warum kein (offener) Beifall im
Rat fürs Bauen auf der Insel im Zentrum der Kernstadt? Weil man weiß,
dass viele Bürger es im Landschafts- und Naturschutzgebiet "Emstal/
Emsaue" absurd finden?
Nebulös im Nachhinein auch das vom Rat 2013 für den Erwerb der
Industriebrache beschlossene Vorkaufsrecht. Wo waren die Juristen mit
dem Hinweis auf § 471 BGB, dass man sich nämlich das Recht schenken
kann, da man damit einen vom Insolvenzverwalter akzeptierten Investor
nicht beiseiteschiebt; auch ein Bürgerbegehren mit der Maßgabe, die
Stadt solle das Grundstück kaufen und selbst was draus machen, wäre
wirkungslos. (Zur Erinnerung: Als „investive Maßnahme“, „die „Auszahlung
für einen Teilflächenerwerb des Brinkhausgeländes“, waren 1,7 Millionen
Euro für 2015 vorgesehen/ Haushaltsplanentwurf 2014). Hat nicht der
Insolvenzverwalter der Stadt mit seinem gefühlten Handstreich einen
Gefallen getan, indem eine Diskussion über den Kauf durch die Stadt erst
gar nicht aufkommt?
Um die Bebauung der Industriebrache zu ermöglichen, durfte die
neue Flussvariante 2, vom Arbeitskreis Emsinsel vorgeschlagen, im Sinne
der Ratsmehrheit nicht übers Gelände geführt werden. Eine andere
Flussvariante (5) wurde beschlossen, die durch alten Baumbestand des
Emsparks führt. Ein großer Teil der Bürgerschaft war damit nicht
einverstanden. Ein Bürgerbegehren mit dem Ziel, die Stadt zu
veranlassen, das Brinkhaus-Gelände zu kaufen, kam leider nicht zum Zuge,
obwohl eine anwaltliche Empfehlung seitens „Mehr Demokratie e.V.“
vorlag; abschreckenderweise war zuvor ein Bürgerbegehren zur
Marktplatzgestaltung rein formaljuristisch gescheitert. Dass die nötige
Stimmenzahl für das Bürgerbegehren erreicht war, erwies sich dabei als
irrelevant.
Derzeit scheint die Stadtvertretung mit dem Bürgerwillen nicht
zurechtzukommen und mit einer Entscheidung zum Lehrschwimmbad in
Freckenhorst am Ende ihres demokratischen Lateins zu sein. Bürgermeister
Axel Linke hatte sich schon im Vorfeld besonnen und einen
Ratsbürgerentscheid zur Sache vorgeschlagen. Im Nachbarort Ennigerloh
geht es ähnlich um eine vom Rat beschlossene Schließung des Freibads.
Dazu hatte der Bürgermeister Bertold Lülf presseöffentlich erläutert,
wie ein Bürgerbegehren durchzuführen wäre. Resümee: Zur bürgernahen
transparenten Politik der repräsentativen Demokratie gehören auch
konstruktive Verfahren wie „Bürgerbegehren“ und
„Ratsbürgerentscheid“, spätestens wenn’s mal kommunalpolitisch ums
(finanzielle) Ganze geht.