Warum sind die historischen Brinkhaus-Gebäude so wichtig für Warendorf?
von Mechtild Wolff

Der Heimatverein hat zusammen mit dem Arbeitskreis Emsinsel einen Antrag an den Bürgermeister und den Rat der Stadt gestellt, die historischen Gebäude der Firma Brinkhaus mit der Wagenhalle und dem Pförtnerhäuschen unter Denkmalschutz zu stellen. Warum ist das wichtig für Warendorf?

Warendorf hat Jahrhunderte lang von der Weberei gelebt und mit der Industrialisierung brachte die Textilindustrie Wohlstand in die Stadt und das Umland. 1879 baute Hermann Josef Brinkhaus seine Weberei direkt an die Ems - notgedrungen, denn Webereien brauchten Wasser. Dieser Firmenneubau wurde mit viel Sinn für Schönheit errichtet, gebaut von der Warendorfer Firma Carle´ mit Feldbrandsteinen aus Freckenhorst. Noch heute befindet sich im Giebel des historischen Bürogebäudes ein Sandstein mit der Jahreszahl 1879.

Ja, die Firma Brinkhaus suchte sich immer die besten Baumeister für ihre Firmenneubauten. So auch im Zweigwerk Freckenhorst,  das 1908 von dem bedeutenden Industriearchitekten Phillip Jakob Manz aus Stuttgart gebaut wurde. Bedauerlicherweise wurden die hochwertigen Freckenhorster Fabrikgebäude abgerissen und durch Aldi-Architektur ersetzt. Auch in Warendorf sollen jetzt die letzten Zeugen der textilen Vergangenheit unserer Stadt beseitigt werden.

 

Die Wagenhalle (links) und das Pförtnerhäuschen (rechtes Bild) der Firma Brinkhaus in Warendorf

 

Als die Firma Brinkhaus sich 1950 entschloss, für ihre LKW neue Garagen und für den Pförtner ein Häuschen am Fabrikeingang zu bauen, beauftragte die Geschäftsleitung den sehr angesehenen münsteraner Architekten Heinrich Bartmann mit der Planung.

 

Wer war dieser Heinrich Bartmann? (1898 - 1982)

Er war von 1945 bis 1948 Stadt-Baurat der Stadt Münster und somit an vorderster Front verantwortlich für den Wiederaufbau der völlig zerstörten Stadt. Auch damals schon fand der Kampf zwischen Tradition und Moderne statt. Die münsteraner Architekten wollten ihre eigenen Ideen bei der Gestaltung des Prinzipalmarkts verwirklichen und ihn mit modernen Gebäuden der angesagten Betonarchitektur bebauen. Der kluge Stadtbaumeister Heinrich Bartmann aber konnte sich mit seinen Vorstellungen durchsetzen, den Charakter Münsters zu wahren und den Prinzipalmarkt und anderer Innenstadtbereiche nach alten Vorbildern zu rekonstruieren. Ohne Heinrich Bartmanns ausgeprägten Sinn für Tradition und Schönheit hätte der Prinzipalmarkt seinen einmaligen Charakter wohl kaum erhalten können.

Als 1948 die grundlegenden Planungen zur Gestaltung der Stadt Münster nach seinen Plänen fertiggestellt waren, nahm er einen Ruf als Professor an der Technischen Hochschule Darmstadt an und widmete sich wieder seinem Beruf als Architekt, plante z.B. Fabrikgebäude und Kirchen und kam so auch nach Warendorf, um für die Firma Brinkhaus tätig zu werden. Sein Auftrag war, am nördlichen Eingang der Stadt eine Wagenhalle, also eigentlich nichts anderes als eine große, zweistöckige Garage für LKW und ein Pförtnerhäuschen zu bauen. Bartmann sah sofort seine Verantwortung, an dieser Stelle keine simplen Zweckbauten zu errichten, sondern eine für die historische Altstadt passende Eingangssituation zu schaffen. Es ist ihm gelungen, große Garagenhäuser zu errichten, die aber straßenseitig hinter zwei Wohneinheiten versteckt wurden. Um eine für die historische Innenstadt von Warendorf passende Eingangssituation zu schaffen, gestaltete er die beiden aus Backstein erbauten Wohneinheiten sehr aufwändig mit vorspringenden Treppenhäusern und Fenstereinfassungen aus Sandstein. Die Symmetrie des gesamten Baus ist sorgfältig abgestimmt auf das dahinter liegende Bürogebäude. Die Garagenhallen, die heute von der Feuerwehr genutzt werden, verschwinden im Hintergrund und sind nur vom Fabrikgelände aus zu sehen. Welch eine geniale Städtebaukunst zum Wohle eines stimmigen nördlichen Eingangs in unsere Stadt.

 

Es ist Gefahr im Verzug!

Nun wurde am 25.06.2020 von der damaligen Ratsmehrheit in der sog. „Warendorfer Position“ beschlossen, dass diese Gebäude abgerissen werden sollen, um Platz für ein modernes Hotel zu machen. Wird es ein Gewinn für unsere Stadt sein, einen modernen, wahrscheinlich beliebigen Stadteingang zu bekommen? Ist es verantwortbar, wichtige Zeitzeugen der 1950er Jahre abzureißen? „Das einzige weitere Gebäude in Warendorf aus dieser Zeit mit einem vergleichbaren Architekturwert ist das Theater am Wall. Beide Gebäude sind bei völlig unterschiedlicher Funktion im besten Sinne ihrer Zeit gemäß entstanden. Das Theater am Wall wurde aus diesem Grund unter Schutz gestellt, während die Wagenhalle bisher lediglich als erhaltenswert eingestuft wurde. Das dritte namhafte Bauwerk Warendorfs aus jener Zeit ist die Marktbrücke, die mit der benachbarten Wagenhalle und dem Pförtnerhaus nahezu als ein städtebauliches Ensemble angesehen werden kann.“ So beschreibt Klaus Ring sehr treffend die Situation.

2020: herausgerissene Fenster aus dem Bürogebäude Brinkhaus
 

Auch die unter Denkmalschutz stehende Fassade des historischen Bürogebäudes ist in Gefahr. Es wäre nicht das erste Mal, dass solch eine Fassade einstürzt, wenn erst einmal die stützenden Wände abgebrochen wurden. „Welch ein Pech!“ sagt man dann und kann stattdessen eine moderne und kostengünstigere Bauweise verwirklichen. Dass auch die historische Fassade dem Investor ein Dorn im Auge ist, konnte man Anfang 2020 sehen, als viele Fenster mutwillig und klammheimlich herausgerissen wurden und sich wochenlang niemand um den entstehenden Wasserschaden kümmerte. Erst als besorgte Bürger vehement protestierten wurde ein provisorischer Wetterschutz eingebaut.

Damit in Warendorf die letzten Spuren der Weber-Vergangenheit erhalten bleiben, hält der Heimatverein und der Arbeitskreis Emsinsel die Unterschutzstellung der historischen Gebäude der Firma Brinkhaus mit den Sheddach-Hallen von 1879 und der Wagenhalle und dem Pförtnerhaus für dringend geboten. Wir hoffen sehr, dass die Politiker zu einem Umdenken bereit sind und auch die Wagenhalle aus dem Versteck hinter der hohen Hecke hervorholen und durch eine neue Nutzung diesen Stadteingang wieder aufwerten.

Mechtild Wolff

Vorsitzende des Heimatvereins Warendorf

 

Bilder: Mechtild Wolff, Walter Suwelack (Brinkhaus Bürogebäude)

 

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