Vor 80 Jahren: Die letzten Tage des 2. Weltkriegs in Warendorf Ostern 1945
von Mechtild Wolff (2025)


die alte Emsbrücke vor 1945

 

T
heo Lepper

Alle Verantwortung für ein möglichst friedliches Kriegsende lag beim Stadtrentmeister Theodor Lepper, der seit den 1920er Jahren die Stadtkasse leitete. Er war ein verantwortungsbewusster Beamter und als geborener Warendorfer fühlte er sich seiner Heimatstadt in besonderer Weise verpflichtet. In den letzten Kriegstagen, kurz vor der alliierten Besetzung, musste er „als Rang ältester Beamter der Stadt“ die Amtsgeschäfte der Stadtverwaltung übernehmen, denn am 31. März 1945, es war Karsamstag, hatten Landrat Gerdes und Bürgermeister Haase in Sanitäter-Uniformen die Stadt fluchtartig verlassen. Auch die gesamte Polizei war geflohen. „Das Schicksal der Stadt liegt jetzt in ihrer Hand. Bei einem Angriff auf Warendorf werden Sie jetzt entscheiden müssen. Bedenken Sie dabei aber, dass eine evtl. Besetzung der Stadt nur kurze Zeit dauern wird, denn vom Teutoburger Wald aus, wo erhebliche Truppenverbände bereit stehen, erfolgt der Rückschlag.“ Mit diesen Worten hatte Bürgermeister Hase die Verantwortung für die Stadt dem Stadtrendanten Theodor Lepper und dem Standortältesten Oberst Winkel übertragen. Alles war kopflos und führungslos. Viele Bürger verließen die Stadt und brachten sich auf Bauerhöfen in Sicherheit.

Oberst Winkel nach dem Krieg

 
 

Theodor Lepper reagierte umsichtig und klug. Als erstes ließ er die am Münstertor bei der Gaststätte Höner angelegten Panzergräben beseitigen, denn damit wäre den anrückenden Truppen signalisiert worden, dass Warendorf verteidigungswillig ist. Um sich mit den alliierten Truppen verständigen zu können, bat er Oberstudienrat Blum, sich als Dolmetscher bereit zu halten. Auch Blum erkannte den Ernst der Lage und willigte sofort ein. In der Polizeistation im Rathaus wurde eine ständige Wache eingerichtet. Hier bezog auch Stadtrendant Lepper sein Standquartier.

Etwa gegen 17.30 Uhr hängte Kathrinchen Wonnemann am Haus Markt 12 eine weiße Fahne heraus und schnell wurden viele weiße Fahnen, also weiße Betttücher, in der ganzen Stadt gehisst. Der Schreinermeister Heinrich Webbeler kletterte in den Turm der Laurentiuskirche und hängte die weiße Fahne aus, damit weit sichtbar war, dass Warendorf sich nicht verteidigen will. Dieses Zeichen der Ergebung wurde von zwei alliierten Aufklärungsfliegern, die gegen 18.30 Uhr über die Stadt flogen, verstanden und die vier Bomber drehten wieder ab. Die Zerstörung Warendorfs war abgewendet.

Die weißen Fahnen wollte der zuständige Offizier der Waffen-SS jedoch nicht dulden. Die Warendorfer weigerten sich, sie einzuziehen. Als aber der Hauptsturmführer drohte, die Häuser zu beschießen, wurden die weißen Fahnen dann doch eingezogen.

Die SS wollte noch „jede Straße, jedes Haus, jede Treppenstufe“ verteidigen. Zwei Lastwagen mit SS-Truppen trafen in Warendorf ein und besetzten jeden Stadteingang und jede Kreuzung. Der übereifrige Hauptsturmführer, der die Befehle gegeben hatte, wurde noch in derselben Nacht bei einer Erkundungsfahrt nach Hoetmar verwundet und gefangen genommen. Sein Adjutant wurde durch Schüsse aus einem Panzerspähwagen getötet.

Jetzt übernahm ein junger Leutnant, der nicht so fanatisch war, die Führung der SS-Truppen in der Stadt. Ein Glück für Warendorf!

Der folgende Ostersonntag war ruhig, die meisten Warendorfer hatten ihre wichtigste Habe auf Bollerwagen und Fahrräder gepackt und  waren in die Bauernschaften geflohen, um den Gefahren einer Beschießung zu entgehen.

Am Ostermontag kam ein Pionierkommando nach Warendorf, das den Auftrag hatte, die Emsbrücken zu sprengen. Alles wurde für die Sprengung vorbereitet. Theodor Lepper versuchte, sie von dem Vorhaben abzubringen, was ihm aber nicht gelang. Es wird erzählt, dass in der Zwischenzeit zwei mutige Warendorfer unter den Brücken die Zündschnüre durchgeschnitten hätten. Eine heroische Tat, denn die Brücken wurden streng bewacht. Wie gefährlich eine solche Tat damals war belegt das Schicksal des versprengten Pioniers Otto Hermann aus Gelsenkirchen. Er hatte die vorgesehene Sprengung der Brücke als Blödsinn bezeichnet und war deshalb von der SS kurzerhand erschossen worden. Die Leiche des 38jährigen Soldaten legte die SS zur Abschreckung an das Kriegerdenkmal. Später wurde Otto Hermann auf dem Warendorfer Friedhof begraben.

 

 

Als der Führer des Sprengkommandos am Ostermontag gegen 11.30 Uhr das Signal zur Sprengung gab, fiel nur ein Teil der dreibogigen Emsbrücke der Detonation zum Opfer. Die Brücke an der Gartenstraße und die Teufelsbrücke kamen ohne Schaden davon. Die Sabotagemaßnahmen der mutigen Warendorfer Bürger waren erfolgreich gewesen. Trotzdem erlitt die städtische Wasserleitung und das Dachgeschoss des Hauses Wulff schwere Schäden. Fast alle Fensterscheiben der umliegenden Häuser und in der Firma Brinkhaus gingen zu Bruch.

Am Osterdienstag kam gegen 10.15 Uhr die Meldung, dass amerikanische Truppen soeben in Warendorf eingerückt seien und an der Ecke Münsterstraße/Freckenhorster Straße bei Pletzer stünden. Stadtrendant Lepper ging eilig zum Kommandanten der amerikanischen Truppe und brachte ihn zum inzwischen installierten Bürgermeister Schmücker. Mit Hilfe von Oberstudienrat Blum als Dolmetscher gab der Kommandeur der amerikanischen Truppe den Bürgern von Warendorf die Anweisung, die Straßen sofort zu räumen. Ein Ausgang war nur von 9-12 Uhr zum Einkauf der nötigen Lebensmittel erlaubt. Der Verkauf von Spirituosen wurde sofort verboten.

Mit Hilfe des Beigeordneten Schmücker als Bürgermeister, dem Stadtrendanten Lepper und Oberst Winkel und dem engagierten Einsatz von Oberstudienrat Blum gelang es, in diesen ersten kritischen Tagen Ruhe und Ordnung zu bewahren und einen reibungslosen Umgang mit der Besatzungsmacht zu erreichen. Ihrem Mut ist es zu verdanken, dass Warendorf das Kriegsende so glimpflich überstanden hat. Dafür müssen wir noch heute dankbar sein, denn ohne ihre Umsicht sähe unsere Stadt heute anders aus.

Der Warendorfer Nachkriegsschriftsteller Paul Schallück hat in „Weiße Fahnen im April“ mit dichterischer Freiheit aus den Ereignissen dieser letzten Kriegstage eine sehr treffende Erzählung gemacht, erschienen in „Kleine Westfälische Reihe“ Heft 3 aus dem Jahr 1955.

 

Quelle:
mündliche Überlieferung
Theo Lepper: Die letzten Tage des 2. Weltkrieges in Warendorf
in: Warendorfer Schriften 6/7 1977 S. 155-159 

 

 

Paul Schallück hat in  „Weiße Fahnen im April“ mit dichterischer Freiheit aus den Ereignissen diese letzten Kriegstage eine sehr treffende Erzählung gemacht. 

Kleine Westfälische Reihe Heft 3 1955

 


Kreuzung Münsterstraße: hier traf der Stadtrendant Lepper auf die Amerikanischen Truppen

  

NS-Bürgermeister Wilhelm Haase 1896-1945
Bürgermeister von Warendorf  1941-1945
sein Vorgänger: Kurt Hachmann 1938-1941'
sein Nachfolger: Heinrich Blum  1945-1945
von Mechtild Wolff

1941 wurde der linientreue Nationalsozialist Wilhelm Haase in Vertretung für den Soldat gewordenen Kurt Hachmann kommissarischer Bürgermeister von Warendorf. Haase war schon 1930 in die NSDAP eingetreten und hatte eine steile Parteikarriere gemacht. Seit 1938 war er Amtsbürgermeister in Ostbevern und nun konnte er auch in Warendorf ein strikteres NS-Regime durchsetzen. Er versetzte die Warendorfer Bevölkerung in Angst und Schrecken. Im Dezember 1941 sorgte er dafür, dass die letzten sechs in Warendorf lebenden Juden Arnold, Ella, Frieda, Hugo und Walter Spiegel und Berta Samuel deportiert wurden. Sie kehrten nie wieder heim. Obwohl Warendorf jetzt „judenfrei“ war, setzte Haase die antisemitische Hetze fort.

 Um den NS-Einfluss auf die Warendorfer Gymnasien zu verstärken, verfolgte Bürgermeister Haase schon seit 1942 die Absetzung von Frau Dr. Maria Moormann. Sie war die christlich orientierte Direktorin der Marienschule - seit 1941 in „Justus-Möser-Schule“ umbenannt. Erst Ende 1944 gelang es Bürgermeister Haase, die Direktorin Dr. Moormann ihres Amtes zu entheben und der linientreue Direktor des Gymnasium Laurentianum, Herr Dr. Donnermann, übernahm die Leitung. Alle Kinder sollten in die NS-Propaganda einbezogen werden, sogar die Kindergartenkinder schwenkten beim Kinderfest fröhlich ihre Hakenkreuz-Fähnchen.

Auch in Warendorf kamen Kriegsgefangene zum Arbeitseinsatz, ohne sie hätte die Kriegswirtschaft nicht aufrechterhalten werden können. Ab Herbst 1939 wurden Polen eingesetzt, ab 1940 Franzosen, Holländer und Belgier und ab 1942 Russen. Diese ausländischen Zwangsarbeiter waren am Stadtrand in mehreren Gefangenenlagern untergebracht und kamen in der Landwirtschaft, in der Industrie und im Handwerk zum Einsatz. Je kleiner die Betriebe waren, desto menschlicher war die Behandlung der Gefangenen, was der NS-Obrigkeit ein Dorn im Auge war und bestraft wurde. NS-Bürgermeister Haase war ein besonders strikter Kontrolleur beim Umgang mit Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, der jegliche Missachtung der strengen Vorschriften unnachgiebig ahndete. Trauriger Höhepunkt war im März 1945 die Ermordung von 13 Zwangsarbeitern in Lippermanns Knäppen. Erst mit der Machtübernahme der Alliierten hatte das Leid der Zwangsarbeiter ein Ende, sie wurden befreit und in Sammellagern in der Reit-und Fahrschule und im Gestüt untergebracht, um dann in ihre Heimatländer entlassen zu werden. Erstaunlich ist, dass viele Bürger diese Zwangsarbeiterlager gar nicht wahrnahmen. Erst nach Kriegsende gerieten die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter, jetzt „Displaced Persons“ genannt, wegen der Plünderungen und Überfälle in das Blickfeld der Normalbürger.

 

In den letzten Kriegstagen, am 31. März 1945, es war Karsamstag, verließ Bürgermeister Haase zusammen mit Landrat Gerdes in Sanitäter-Uniformen fluchtartig die Stadt. Die Siegermächte waren im Anmarsch, das bedeutete für diese beiden fanatischen NSDAP-Bediensteten nichts Gutes. Bürgermeister Haase übergab die Verantwortung für die Stadt Warendorf dem Stadtrendanten Theodor Lepper. Er war der dienstälteste Beamte der Stadtverwaltung: „Das Schicksal der Stadt liegt jetzt in Ihrer Hand. Bei einem Angriff auf Warendorf werden Sie jetzt entscheiden müssen. Bedenken Sie dabei aber, dass eine evtl. Besetzung der Stadt nur kurze Zeit dauern wird, denn vom Teutoburger Wald aus, wo erhebliche Truppenverbände bereit stehen, erfolgt der Rückschlag.“ Mit diesen Worten verließ Bürgermeister Haase die Stadt und ließ den Stadtrendanten Lepper und den Standortältesten Oberst Winkel mit den Problemen des Kriegsendes allein. Für ihre Flucht benutzten Bürgermeister Haase und Landrat Gerdes ihre Dienstfahrzeuge und das extra dafür gehortete Fluchtbenzin.

Die beiden NS-Beamten wurden bald von den US-Truppen gefangen genommen und Wilhelm Haase starb noch 1945 im Alter von 51 Jahren im Internierungslager bei Ostende/Belgien.  

Mechtild Wolff

Quellen:

Jürgen Goyny: Warendorf in der NS-Zeit (1933-1945)

              in: Geschichte der Stadt Warendorf Band II

Bilder:

Archiv Hans Rennemeier und Bildarchiv der Altstadtfreunde

Kurt Heinermann ( Bild Kindergarten)

 

 

Das Portrait
Dr. h.c. Heinrich Windelen MdB
Geboren 1921 in Bolkenhain/ Oberschlesien, gestorben 16. 2. 2015 in Warendorf
von Mechtild Wolff (2025)

2021 beging die Stadt Warendorf den 100. Geburtstag von Heinrich Windelen mit einem Festakt - das gibt es höchst selten in unserer Stadt und ist ein schönes Zeichen, dass die Bedeutung des langjährigen Bundestags-abgeordneter Heinrich Windelens in seiner Heimatstadt Anerkennung findet.

Aber was hat den Schlesier Heinrich Windelen nach Warendorf verschlagen und wie kam er in die Politik, denn geboren wurde Windelen am 26. Juni 1921 in Bolkenhain im schlesischen Riesengebirge, als Sohn des Lederfabrikanten Engelbert Windelen und seiner Frau Anna. Engelbert Windelen war ein aktives Mitglied der Zentrumspartei und machte keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen die NSDAP. Das hat auch seinen Sohn Heinrich geprägt. Dieser sollte später die Lederfabrik übernehmen, darum studierte er nach seinem Abitur Physik und Chemie in Breslau. Die schöne Studienzeit wurde aber 1941 abrupt beendet, als Heinrich Windelen in die Wehrmacht eingezogen wurde. Den grausamen Krieg musste er bis zum letzten Tag mitmachen und kam 1945 in Bayern in amerikanische Gefangenschaft. Weil er eine Adresse in Warendorf angeben konnte - damals noch zur amerikanischen Zone gehörend - und er behauptete, Student der Landwirtschaft zu sein, wurde er schon im Herbst 1945 entlassen, denn die Landwirtschaft brauchte dringend Erntehelfer!!! In seine schlesische Heimat hätte er nicht zurückgehen gekonnt, obwohl seine Eltern dort noch ausharrten. Sie durften erst 1947 Schlesien verlassen. So schlug sich Heinrich Windelen nach Warendorf durch, wo er seine Schwestern fand, die im Kolpinghaus mit vielen anderen Vertriebenen zusammen eine notdürftige Bleibe gefunden hatten. Der Saal des Kolpinghauses blieb als Versammlungsort erhalten, aber die Empore im Saal durften die Flüchtlinge als Abstellmöglichkeit nutzen. So bemerkte eine der Schwestern eines Abends, dass unten im Saal eine Versammlung stattfand, bei der heftig über die Situation der Flüchtlinge und die allgemeine politische Lage diskutiert wurde. Das interessiert doch unseren Heinrich! Er ging in den Saal und beteiligte sich engagiert an der Diskussion und man kam schnell zu dem Ergebnis, dass dringend ein Flüchtlingsbeirat gebildet werden müsse. Nur wer soll dieses schwierige Themenfeld in die Hand nehmen. „Der, der da eben gesprochen hat, soll für uns alle sprechen!“ So wurde der 24jährige Heinrich Windelen zum ersten Vorsitzenden des Flüchtlingsbeirates gewählt, Elisabeth Schwerbrock wurde seine Stellvertreterin, denn klugerweise war festgelegt worden, dass immer ein Flüchtling mit einem Einheimischen zusammenarbeiteten sollte. Es war wahrlich keine leichte Aufgabe, die diese beiden Engagierten zu bewältigen hatten. In guter Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsamt der Stadt mussten nun den mittellosen Flüchtlingen Möbel, Kleidung, Nahrung und vor allem eine Wohnung beschafft werden. Eine wahre Herkulesaufgabe! Aber Heinrich Windelen war geprägt durch ein immer aktives und politisch denkendes Elternhaus und hatte in Elisabeth Schwerbrock eine unermüdliche, energische und tatkräftige Mitstreiterin. Auch als 1946 die CDU begründet wurde, standen Heinrich Windelen und Elisabeth Schwerbrock in erster Reihe und kandidierten 1948 für den ersten demokratisch gewählten Stadtrat, der damals noch unter der Aufsicht der Besatzungsmacht stand. Beide haben die Geschicke unserer Stadt wesentlich mitbestimmten, Elisabeth Schwerbrock bis 1956 und Heinrich Windelen bis 1964.

Windelen gab schon 1947 der politisch interessierten Jugend durch die Gründung der „Jungen Union“ eine neue politische Heimat und im selben Jahr wurde er in den Kreistag gewählt. Auch hier konnte er sich für die Heimatver-triebenen einsetzen, denn die standen buchstäblich vor dem Nichts und waren in Warendorf gestrandet nur mit den Kleidern auf dem Leib und ein paar Habseligkeiten in einem Handköfferchen. Ihre geretteten Wertsachen waren ihnen fast immer auf der Flucht geraubt worden. Aber die Flüchtlinge  konnten arbeiten, waren vielfach tüchtige Handwerker oder Textilfachleute, denn Schlesien war für seine leistungsfähige Textilindustrie bekannt. So wurden sie auch in Warendorf schnell eine Bereicherung für Handwerk und Gewerbe.

Maßgeblich beteiligt war Heinrich Windelen an der Förderung der Errichtung von Eigenheimen, die damals immer einen großen Garten hatten, wo Obst und Gemüse angebaut und ein Schwein fett gefüttert werden konnte.

Als Mitte der 1950er Jahre die größte Not gelindert war, stellte die CDU Heinrich Windelen als Warendorfs Bundestagsabgeordneten auf. Von 1957-1990, also 33 Jahre lang, vertrat er die Interessen des Kreises Warendorf im Deutschen Bundestag. Er wurde immer direkt gewählt und hat viel Gutes für Stadt und Kreis bewirkt. Seine Biographie, die Heimat verloren zu haben, prägte auch seine politische Arbeit in Bonn. Er wurde 1969 zum Vertriebenenminister ernannt und von 1983-1987 war er unter Bundeskanzler Helmuth Kohl Minister für Innerdeutsche Beziehungen. Hier war er auch Ansprechpartner für viele DDR Bürger und hat so manche Familienzusammenführung ermöglicht.

Windelen hat sich aber nie verbiegen lassen, ja, er leistete sich den Luxus einer eigenen Meinung. So verweigerte er der Regierung Kohl 1990 seine Zustimmung zur Festlegung der Oder-Neiße-Linie als Deutsche Ostgrenze. Seine Erfahrun-gen von Diktatur, Krieg und Vertreibung hatten seine Überzeugung geprägt, dass die Deutschen Ostgebiete nicht aufgegeben werden dürfen. 1990, im Jahr der Deutschen Einheit beendete Heinrich Windelen seine politische Karriere im deutschen Bundestag in Bonn. Für die Einheit seines Vaterlandes hatte er all die Jahre gekämpft und das Bewusstsein für dieses zentrale Thema wachgehalten. Dass er die Wiedervereinigung noch miterleben würde - das hatte auch er nicht zu hoffen gewagt. Mit Heinrich Windelen verlor die CDU-Bundestagsfraktion aber auch ihren führenden Haushaltspolitiker. Er hat in seiner politischen Zeit viele hohe Partei- und Fraktionsämter ausgefüllt und sich insbesondere um die Führung der CDU in Nordrhein Westfalen verdient gemacht.


Bürgermeister Kluck empfängt eine Delegation aus Bonn mit Heinrich Windelen

Als er 1990 im Alter von 69 Jahren auf eine erneute Kandidatur für den Deutschen Bundestag verzichtete, engagierte sich als deutscher Co-Vorsitzender der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit für die Aussöhnung mit dem polnischen Nachbarn. Bis ins hohe Alter blieb er ein aufmerksamer Beobachter der deutschen und der europäischen Politik und meldete sich in Interviews und Leserbriefen zu Wort.

Rückblickend auf ein halbes Jahrhundert politischer Arbeit sagte Heinrich Windelen am Ende seines Lebens: „Als ich anfing hatten wir nichts, kein Geld, keine Gesetze und viele Probleme. Die Situation heute ist umgedreht: Früher hatten wir Notstandsprobleme, heute haben wir Wohlstandsprobleme.“

Heinrich Windelen hat seiner Wahlheimatstadt Warendorf immer die Treue gehalten. Hier wohnte er gerne, hier hatte er 1954 Ingeborg Kreutzer geheiratet, hier waren seine vier Kinder aufgewachsen, hier hatte er seine Freunde und viele politische Wegbegleiter. Hier hat er im Wahlkampf sich immer auf seine treuen Helfer verlassen können, insbesondere auf die Junge Union, die ihren „Heini Pampers“, wie sie ihn jugendgemäß despektierlich, aber liebevoll nannten, zu allen Wahlkampfeinsetzen begleiteten.                                 

Heinrich Windelens Engagement wurde vielfach geehrt. 1986, an seinem 65. Geburtstag, verlieh ihm Bundeskanzler Helmut Kohl im Palais Schaumburg das große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband – eine solch hohe Ehrung hatte es vorher noch nicht gegeben. Schon 1983 hatte er das Große Goldene Ehrenzeichen mit Stern der Republik Österreich überreicht bekommen. 1991 ernannte die Stadt Warendorf ihn zum Ehrenbürger, nicht zuletzt wegen seines bedeutsamen Engagements für die Stadt – ohne ihn hätte es die Ansiedlung der Bundeswehrsportschule, des DOKR und des Modernen Fünfkampfs in Warendorf nicht gegeben.

Am 16. Februar 2015 verstarb Heinrich Windelen im gesegneten Alter von 93 Jahren in seinem Alterswohnsitz im Koster zum Hl. Kreuz in Freckenhorst. In seiner Gedenkrede in der Laurentiuskirche würdigte der Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert den ehemaligen CDU-Abgeordneten und Vize-Präsidenten des Deutschen Bundestages Dr. h.c. Heinrich Windelen als „Parlamentarier aus Leidenschaft“. „Wir sind Heinrich Windelen dankbar für alles, was er für den Aufbau einer stabilen parlamentarischen Demokratie in unserem Lande über viele Jahre hinweg geleistet hat. Heinrich Windelen war ein pflichtbewusster Politiker, der die anstehenden Probleme gründlich analysierte und mit preußischer Genauigkeit verfolgte. Er schielte nicht nach dem Erfolg der Welt, er hängte auch nicht sein Mäntelchen in den Wind und scheute sich nicht, Unpopuläres auszusprechen. Er war immer ein eher nüchterner, auf Ausgleich bedachter Politiker.“

Zu seinem 100. Geburtstag am 25.6.2021 lud der neue Bürgermeister Peter Horstmann zu einer Feierstunde in den Sophiensaal ein. Seine Familie, ehemalige Weggefährten, Vertreter aus der Politik und dem Rat der Stadt Warendorf erlebten einen beeindruckenden Rückblick auf das Leben des bedeutenden Politiker Heinrich Windelen.

 

Quellen:
Elke Seul: Biete Klo – suche Geige 1985
Geschichte der Stadt Warendorf 2000
Dr. Norbert Lammert: Gedenkrede in der Laurentiuskirche 2016
Presseberichte aus der Glocke und den Westfälischen Nachrichten
Text: Mechtild Wolff

 


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