150 Jahre Warendorfer Karnevalsgesellschaft WaKaGe - Tradition und Fortschritt
von Willi Schöning

Willy Schöning, Präsident der Warendorfer KarnevalsgesellschaftTeil1: Die Jahre bis zum 2. Weltkrieg

Mit einer Anzeige im „Warendorfer Wochenblatt" vom 31. Januar 1857 lud die „Warendorfer Carnevals- Gesellschaft zur zweiten General-Sitzung des Jahres" ein: 150 Jahre wechselvoller Narrengeschichte sind inzwischen vergangen. Das Gesellschaftsleben hatte zwar nicht nur gute Seiten, aber alle negativen Erscheinungen waren nicht stark genug, um den „närrischen Fummel" aus dem Herzen der Warendorfer zu verdrängen. Damit soll allen Informationsfreudigen nur mitgeteilt werden: Die Warendorfer Karnevalsbewegung ist uralt, sie gehört zu den ältesten Gesellschaften in Westfalen.

 Gründungsanzeige im Warendorfer WochenblattIm Kreisarchiv ist nachzulesen, dass bereits von 1848 bis 1855 der Bürgerschützenverein regelmäßig Fastnachtsbälle veranstaltete, wer hätte das heute für möglich gehalten? Leider gibt es zu den nächsten Jahrzehnten wenig in den Archiven zu finden, aber dass es unsere närrischen Vorfahren auch zu damaliger Zeit schon verstanden, gut und zünftig zu feiern, geht aus einem Bericht des Warendorfer Wochenblattes vom 13. Februar 1858 hervor:


„ Nu höärt tou! Fastaowens-Moendag, den füffteinsten, Noamiddags twe Uer, Graut Konzäert un doarup Ball upp'n Schützenhoaf föär men fiev Sülvergrosken per Kopp, wäe kinne häd, wätt ümsüßß toloaten".
(Zuhören! Fastnachtsmontag, den fünfzehnten, Nachmittags zwei Uhr, großes Konzert und danach Ball im Schützenhof für nur 5 Silbergroschen pro Kopf, wer keine hat wird umsonst zugelassen)


Die erste nachzulesende Satzung stammt vom 15. April 1912. In diesem wertvollen Dokument heißt es u. a.:
§1
Der Verein soll den Namen „Warendorfer Karnevalsgesellschaft" führen. Zweck des Vereins ist die Veranstaltung von Karnevalszügen am Rosenmontag jeden Jahres und karnevalistischer Festlichkeiten sowie Förderung der Fidelitas. Politische und religiöse Angelegenheiten gehören nicht zu den Aufgaben des Vereins und dürfen nicht erörtert werden."

§2
Mitglied des Vereins kann jeder friedliche und unbescholtene Bürger werden. Anmeldungen sind schriftlich oder mündlich beim Vorsitzenden des Elfer-Rat zu bewirken."Prinzenwagen 1914 mit Prinz Albert Darup

Der Geist ist bis heute geblieben, die Tonart hat nur eine geringfügig geänderte Akzentuierung erfahren.

Im Jahre 1913 sahen Tausende den ersten Rosenmontagszug, Franz Stanlein hielt das erste Narrenzepter sicher in der Hand. Doch das, was so vielversprechend begonnen hatte, stand schon wenig später kurz vor dem Ende.
Der 1. Weltkrieg löschte den karnevalistischen Funken restlos aus. Trotz privater Initiative dauerte es bis zum Jahre 1934, ehe der Warendorfer Karneval unter dem Präsidenten Julius Kölling eine triumphale Wiedergeburt erlebte und als gesellschaftsfähiges Beiwerk in die begeistert mitschunkelnden Säle einzog.

Das Warenstädtchen wuchs bravourös in der Rolle einer echten Karnevalsmetropole. Es mauserte sich ganz prächtig, ohne zu ahnen, dass schon bald wiederum ein Krieg dem närrischen Treiben ein Ende setzen sollte.Rosenmontagszug1914 in Warendorf
Heinrich Schallück, damaliger Chronist der WaKaGe schrieb 1935: „Man sah nichts, aber man munkelte: es wird doch was, es wird Fastnacht gefeiert - trotz Verbot." So ließen sich die Obernarren nicht beirren und organisierten ihre Karnevalsfeste. 1936 wurde seine Tollität „Prinz Theo II von der herben Rebe" (Bunne) erstmals am Karnevalssonntag vom damaligen Bürgermeister Tewes empfangen. Unsere heutige Rathauserstürmung war ins Leben gerufen. Und noch ein weithin sichtbares Zeichen aller Prinzen wurde geboren: Der MORITZ, das prinzliche Zepter wurde der amtierenden Tollität vom Bürgermeister geschenkt. Es wird auch heute noch von jedem Prinzen getragen. Jetzt wissen Sie auch, warum es mit Argusaugen durch den Prinzen nebst Prinzengarde bewacht wird.

Am 22. 11. 1936 wurde über die Gründung einer Prinzengarde beraten. Es mangelte jedoch an Geld für die Uniformen. Umso größer war die Überraschung, als am 12. l. 1937 der Säckelmeister Heinz Vogt die Prinzengarde vorstellte, die sich aus Mitgliedern der Ehrengarde des Bürgerschützenvereins gebildet hatte. Mit Spenden von Warendorfer Karnevalsfreunden war es dem Säckelmeister gelungen, das nötige Kleingeld für die Uniformen zu beschaffen. Als die Prinzengarde 14 Tage später die Versammelten mit einer charmanten weiblichen Begleitung Prinzengarde 1937 der Warendorfer Karnevalsgesellschaftüberraschte, war das Helau besonders laut: Elli Schiller war die erste Annemarie der Prinzengarde.

Die Session 1937 muss es wohl besonders in sich gehabt haben. Den Zeitungsberichten ist zu entnehmen, dass Seine Tollität und der Präsident auf den Tischen standen, um sich vor den jungen hübschen Mädchen zu retten.
Im Februar 1939 wurde nochmals Karneval gefeiert, es kam aber keine rechte Stimmung mehr auf. Mehrere Aktive waren bereits zum Kriegsdienst eingezogen worden und so entschloss sich der Senat, das Gesellschaftseigentum wie geplant einzulagern. Hierunter war zu verstehen, dass die Gegenstände in mehreren Häusern in der Stadt versteckt wurden und so - welch' ein Weitblick - gerettet wurden.Der 2. Weltkrieg war es, der die Lichter wieder zum Erlöschen brachte.
Man schickte den Karnevalsfreunden an der Front Päckchen mit Heimatgrüßen, später nur noch Grüße, für die Päckchen hatte man kein Geld mehr.
Bilder: Archiv der Warendorfer Karnevalsgesellschaft (c) 2007

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